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Glück gehabt?

In letzter Zeit lese ich vermehrt über die “positive Psychologie”. In diesem Blog möchte ich einen Aspekt davon rausgreifen.
Worum es beim Thema Positive Psychologie geht habe ich schon in einem vorhergehenden Blog beschrieben: Positive Psychologie oder die Lehre vom Glück? Heute möchte ich ein konkretes Beispiel geben, dass jeder ausprobieren kann Also: Wie kann man von der positiven Psychologie profitieren?
In dieser Übung, die ich gleich erläutere, muss man etwas aufschreiben. 

Warum ist es wichtig, dass man etwas aufschreibt?

Schreiben hat in unserem Kopf eine ganz andere Bedeutung als nur mal drüber zu sprechen oder sich das gar nur mal schnell in Gedanken zu formulieren. In einem Versuch hatte man Probanden gebeten mit jemanden, der zum Experiment-Team gehörte über eine sehr persönlich Angelegenheit zu sprechen. Eine Kontrollgruppe sollte nur über ihren (banalen) Tagesablauf sprechen. Die Probanden, die auf sehr einfühlsamen Zuhörer für ihre dramatische Geschichte trafen berichteten nachher, dass ihnen das Gespräch gut getan hatte. Aber in den Kontrollmessungen nach wenigen Tagen und nach Monaten waren diese Probanden genauso zufrieden, wie die Kontrollgruppe, die nur den eher belanglosen Tagesablauf erzählt hatte.
In einem anderen Versuch wurden Probanden gebeten über ein bewegendes Ereignis zu schreiben. In diesem Falle war die Wirkung auf die Zufriedenheit deutlich messbar als Verbesserung zu erkennen. Schreiben ist eben geordnetes Denken. 

Warum ist Positives so entscheidend?

In einem anderen Versuch wollte man klären, was für die Psyche am besten wirkt um sein Denken in eine positivere Richtung zu bringen. Man hat drei Versuchsgruppen eingeteilt. Die erste Gruppe sollte über positive Aspekte des Tages etwas schreiben, die zweite über negative Aspekte und die dritte nur über den Tagesablauf allgemein. Es überrascht eigentlich nicht, dass die erste Gruppe einen messbaren Zuwachs in der Lebenszufriedenheit hatte. 

Warum hilft es positive Aspekte aufzuschreiben?
Wenn man in eine Bäckerei kommt, dann duftet alles lecker nach Kuchen und Gebäck. Wenn man dort ein paar Stunden verbringt, dann nimmt den Duft nicht mehr wahr. Unser Gehirn ist so geprägt, dass alles Positive nach einer gewissen Zeit in Vergessenheit gerät. Man muss erst mal wieder rausgehen aus der Bäckerei um dann beim wieder reingehen den Duft erneut zu bemerken und zu geniessen. In diesem Sinne ist das Aufschreiben auch ein bewusstes Wiedereintauchen in das Geniessen der Situation.

Ablauf der Übung:

Diese Übung sollte über sechs Wochen laufen. Sie benötigen einen Drucker, denn Sie benötigen für jeden Tag ein Arbeitsblatt – also 42 mal ausdrucken.

Um die Veränderung messen zu können, gehen Sie auf der EVAPrinzip Website Wie glücklich sind Sie? um eine erste Startmessung machen.

Danach laden Sie das Dokument zur Tagesreflexion herunter und drucken dieses 42 mal aus.

Nun füllen Sie jeden Abend ein Arbeitsblatt aus. Bei den drei guten Dingen des Tages geht es nicht (nur) um weltbewegende Dinge. Das Lächeln des Gegenübers ist es manchmal auch schon wert erwähnt zu werden. Nach sechs Wochen bekommen Sie ein Erinnerungsmail und machen den Zufriedenheitstest dann noch einmal. Dann können Sie die Veränderung am eigenen Beispiel sichtbar nachvollziehen. Ich freue mich über jedes Feedback auf Facebook.

Positive Psychologie oder die Lehre vom Glück?

Als Martin Seligman Präsident der APA (American Psychological Association) wurde, da war er nur ein Psychologe, wie es viele andere gibt. Sicher kein Unbekannter, denn diese Organisation wählt sicher keinen Unbekannten aus ihren Reihen zum Präsident und vor allem nicht mit der größten Mehrheit, die je bei einer Wahl zum APA Präsidenten abgegeben wurde. Was ihn dann aber bekannt machte, war eine Überlegung zum Thema Heilung in der Psychologie.

Ist jemand traurig, dann diagnostiziert der Psychologe eine Depression. Ist dann der Heilungsprozess erfolgreich, dann ist die Traurigkeit weg. Aber was ist dann? Dann ist da die große Leere. Was wollte der Patient eigentlich ursprünglich? Etwa glücklich sein?

Wie unterstützt die Psychologie eigentlich den Weg zu mehr Zufriedenheit? Und: was denn eigentlich ein wünschenswerter Zustand? Diese Fragen löste eine Reihe von Untersuchungen aus. Dabei geht es vornehmlich nicht den „pursuit of happiness“ der amerikanischen Verfassung zu erfüllen. Es geht dabei um Gesundheit jenseits der simplen Abwesenheit von Schmerz oder „Fehlfunktion“.

Zu Anfang wurde dieser Zustand schlicht mit Happiness umschrieben und im Deutschen wurde daraus die Lehre vom Glück. Aber diese Worte sind bis zur Bedeutungslosigkeit überfrachtet. Glück oder Zufriedenheit ist schwer zu greifen.

Heute redet man eher von Positivity (Barbara Fredrickson) oder von Flourish (Martin Seligman). Das ist natürlich weiterhin sehr schwammig. Und das ist sicher auch das große Manko, dieser Forschungs-Richtung.
Die positive Psychologie, wie sich diese Richtung nennt, gibt Methoden vor und belegt dann die Veränderung. Das geht zunächst mal über subjektive Messung des eigenen Wohlbefindens mittels standardisierter Fragebögen (z. B. Wie fühlen Sie sich in einer Skala von 1 bis 10?). Es gibt einige Langzeituntersuchungen, die eine subjektiv positiv empfundene Grundhaltung mit einem längeren und gesünderen Leben korrelieren. Eine positive Grundeinstellung geht auch einher mit einem stabileren Immunsystem. Vereinzelt hat man auch einzelne Blutwerte mit einer positiven Denkweise korreliert. Ein hundertprozentiger Nachweis ist, wie immer in der Medizin, nur schwer nachweisbar.

Folgendes kann man aber zusammenfassend über die Forschungsergebnisse der Positiven Psychologie aussagen:

  1. Positives Denken und Handeln macht Menschen subjektiv zufriedener
  2. Ein weitergehender Nutzen für die Gesundheit ist belegbar
  3. Positives Denken und Handeln ist erlernbar

Zu 1. Positives Denken und Handeln macht Menschen subjektiv zufriedener: Diese Erfahrung kann man ganz leicht nachvollziehen. Dazu benötigt man idealer Weise ein Schreibheft. Und am Abend am besten vor dem Einschlafen 3-5 Minuten Zeit. Auf eine Seite schreibt man zunächst drei tolle Erlebnisse des Tages in Kurzform (kurzer Satz oder Stichworte). Diese Erlebnisse können auch sehr kurz sein („Das Lächeln der Kassiererin an der Supermarktkasse). Man findet immer drei solcher Ereignisse. Als zweites begründet man kurz, was an diesem Ereignis für einen persönlich so entscheidend war („Ich habe mich über das Lächeln sehr gefreut“). Wer das regelmäßig jeden Abend 6 Wochen macht, der wird bemerken, wie diese Übung sein Leben zunehmend beschwingt.

Zu 2. Ein weitergehender Nutzen für die Gesundheit ist belegbar: Hier kann ich auf die Literaturliste am Ende des Blogs verweisen.

Zur 3. Positives Denken und Handeln ist erlernbar: In den Büchern finden sich jede Menge kleiner Übungen wie den oben beschriebenen 3 positiven Ereignissen (bei Seligman: 3 Blessings) mit denen man seine Grundhaltung stärker in einen positiven Bereich bringen kann.

Das bedeutet in logischer Konsequenz, dass es sich lohnt eine positive Denkweise anzugewöhnen und zu trainieren. In diesem Sinne empfehle ich einige dieser Übungen meinen Klienten.

Ich freue mich auf eine rege Diskussion auf Facebook.