„Ich sollte arbeiten, aber surfe stattdessen ziellos durchs Internet“ – So oder so ähnlich geht es vielen von uns. Statt eine Aufgabe zu erledigen haben wir nur mal schnell noch etwas Anderes dazwischen geschoben und nun ist ein Haufen Zeit ins Land gegangen und nichts ist vorangegangen. Dieses Aufschieben hat im Englischen schon einen Namen bekommen: procrastination. Der eingedeutschte Begriff scheint noch etwas weniger verbreitet. Aber in Wikipedia kann man ihn schon finden.
So einfach geht das. Schon haben wir ein neues Problemfeld definiert und die Soziologen und Psychologen haben ein neues Betätigungsfeld.
Aber warum können wir nicht bei einer Sache bleiben? Hier spielen verschiedene Faktoren rein. In uns selbst geht es wohl vor allem um Motivation und Willensstärke. Motivation ist aber immer bei uns vorhanden, denn das Surfen im Internet ist ja auch durch etwas in uns motiviert worden (beispielsweise Neugierde). Willensstärke ist da schon ein schwierigeres Thema. Seligman definiert im Englischen sogar eine Gegenpart zu „procrastination“ und nennt das „grit“ bzw. „grittiness“. Noch ist die deutsche Übersetzung von Seligman’s „Flourish“ nicht erschienen. Aber ich freue mich jetzt schon über die Kreativität des Übersetzers bei diesem Wort. Es gibt dazu sogar einen Test, den ich für hochgefährlich halte.
Ist Willensstärke nicht eigentlich die Fähigkeit, uns gezielt für etwas zu motivieren? Dahinter steckt das evolutionsbiologische Konzept, dass alles was wir tun einer inneren, zum Teil unbewussten Motivation folgt. Der Begriff der Willenstärke und was der Test eigentlich misst, ist das Maß der Fähigkeit sich zu etwas zu motivieren. Und wer sich für willensstark hält, der hat in Wirklichkeit die (un-)bewußte Fähigkeit, sich auch auf scheinbar ungeliebte Aufgaben zu motivieren. Und damit sind wir schon nahe an der Lösung des Problems.
Wir benötigen Motivation und keine Willensstärke. Wir können nur schwerlich verhindern, dass wir mal abschweifen und uns gehen lassen. Aber wir werden uns alsbald dabei erwischen und diesen kurzen Moment des Bewusstwerdens kann man entweder so nutzen, wie wir das immer gemacht haben, nämlich mit diesen „Nur noch eine Seite / ein Mausklick / … “ und schon tauchen wir wieder ein in die vermenintliche Prokrastination, die ja nichts anderes ist als eine fehlgeleitete Motivation. ODER wir nutzen diesen Moment um uns neu zu fokussieren. Dazu hält man am Einfachsten diese 4 nun folgenden Fragen in einem kleinen Zettel parat und beantworten sich selbst diese Fragen kurz schriftlich:
4 Fragen um das Problem zu lösen
- Wo bin ich jetzt und was mache ich gerade?
- Was wollte/könnte ich stattdessen machen?
- Wie würde ich mich fühlen, wenn ich das erledigt habe?
- Was wäre der erste Schritt?
Spätestens bei der Antwort auf die Frage 3 wird es spannend. Denn hier sprechen wir direkt unser Belohnungssystem im Gehirn an und motivieren uns mit der vorausgenommenen, aber doch sehr realistischen Vorstellung, wie es sich anfühlt, wenn wir das Ziel erreicht haben. Damit haben wir der unbewußten Programmierung unseres Gehirn ein Schnippchen geschlagen. Jetzt freuen wir uns auf einen früheren Feierabend oder einfach nur darauf beruhigter ins Wochenende zu gehen oder die Wochenendarbeit gespart zu haben oder …
Und die 4. Frage ist natürlich auch so ein Trick. Jeder Marsch beginnt mit dem ersten Schritt und jeder Flow auch. Denn wer weiß? Oft kommt der Spass an der Arbeit ja wieder zurück, wenn man nur mal angefangen ist. Mir geht das regelmässig so, wenn ich beispielsweise meine Steuererklärung vor mir herschiebe. In dem Moment, wo ich anfange alles zusammenzusuchen, geht es plötzlich Ruckzuck.
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