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Ich hab dann mal Angst

New EAV transparentHabt Ihr Euch am Wochenende auch vollgesogen mit diesen Nachrichten aus Paris? Es ist schrecklich, was dort passiert ist. Aber was macht so eine Tragödie mit uns?

Angst!?

„Angst ist ein Grundgefühl, welches sich in als bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert. Auslöser können dabei erwartete Bedrohungen etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein. Krankhaft übersteigerte Angst wird als Angststörung bezeichnet.“ (Wikipedia)

Lesen wir nochmal genauer: die Situationen müssen bedrohlich empfunden werden – sie müssen nicht objektiv bedrohlich sein. Laut ARD Politbarometer haben schon 50% Angst vor der Zuwanderung. Aber sind das bedrohlich empfundene Situationen oder echte Gefahren?

Warum haben wir Angst?

Angst bedeutet erhöhte Aufmerksamkeit, Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher, erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit, erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck, Energiebereitstellung in Muskeln, etc. Dieser Mechanismus ist kurzfristig gedacht.

Langfristig ist dieser Mechanismus eher schlecht für uns. Wir zahlen einen hohen Preis. Ausschlaggebend für den Alarm ist ein Bereich im menschlichen Gehirn – die Amygdala. Die Amygdala ist aber eben nur eine Alarmzentrale. Die rationale Begründung für eine länger anhaltende Angst kommt dann von dem prä-frontalen Cortex (PFC). Der schafft dann im Nachgang die Argumente heran und sucht nach Lösungen. Mein Tipp: ich merke mir PFC als „Pressesprecher fürs Chaos“. Und wenn der dann rechte Parolen hört, dann könnte er ungeprüft dieser Lösung verfallen.

Wenn es schief läuft, dann stacheln sich Amydala und PFC gegenseitig auf. Das Schmiermittel ist dabei: Emotion. Was passiert also, wenn wir im Fernsehen all diese Betroffenen sehen? Wir werden emotionalsiert! Und nun sucht der PFC nach Begründungen: die Flüchtlinge, der Islam, etc. Wir haben Dauer-Angst. Denn je mehr wir Emotionales über das Thema hören, desto mehr steigert das die Angst. Wir konditionieren uns geradezu darauf Angst zu bekommen bei diesem Thema.

Zwei Gründe warum man nicht dauernd Angst haben will:

1. Statistisch ist die Gefahr durch einen Terror-Anschlag ums Leben zu kommen sehr gering.  Die Teilnahme am Straßenverkehr ist deutlich gefährlicher. Deutlich! Aber diese Gefahr ist abstrakt. Kennt man einen Verkehrstoten, dann wird die Gefahr möglicherweise subjektiv bedrohlich empfunden. Aber man ist in einer kleinen Gruppe von Trauernden. Und so relativiert man das häufig langsam. Eine kollektiv wahrgenommene Bedrohung wie in Paris lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Gemeinsam steigern wir uns dann an den Emotionen hoch – die aber eigentlich keine große Gefahr darstellt. Schließlich macht die Polizei jetzt Ihre Arbeit und wie bereits gesagt, vieles was wir unternehmen ist gefährlicher.

2. Neben dieser sehr theoretisch, rationalen Argumentation gibt es aber auch noch einen wichtigen guten persönlichen Grund nicht dauerhaft Angst zu haben: die Botenstoffe, die unsere Angstreaktion steuern sind Adrenalin und Noradrenalin, die als Stresshormone freigesetzt werden. Das ist gut für den Moment, aber auf die Dauer sind diese Botenstoffe nicht gesund. Herzerkrankungen sind typischerweise Reaktionen, die durch einen dauerhaften Einfluss von Adrenalin entstehen. Zu den möglichen Nebenwirkungen von Noradrenalin gehören Schwindel, Kopfschmerzen, Zittern, Atemschwierigkeiten, Benommenheit, Schwäche, Blässe, Brustschmerzen, Unruhe, weitere Ängstlichkeit und Schlaflosigkeit. Noradrenalin ist stark gefässverengend und kann den Blutfluss zu den Organen reduzieren

Merken Sie etwas? Stress und Angst sind nur kurzfristig sinnvoll. Über einen längeren Zeitraum ist das ungesund. Deshalb braucht unser Gehirn bald Bestätigung. In dieser Verfassung helfen einfache Antworten als Bestätigung und dann ist die „Gefahr der Islamisierung des Abendlandes“ plötzlich subjektiv real. Dann reden noch ein paar Andere mit bei dieser Stammtisch-Parole und schon ist man eingefangen von den rechten Rattenfängern.

Wie kann man Angst begrenzen?

Die Überschrift sagt es schon aus. Angst kann man nicht abschaffen. Das wäre auch fatal. Diesen kurzfristigen Schub brauchen wir. Wir sollten uns aber vor der Dauerbeschallung schützen und über einen längeren Zeitraum in der Lage sein, zu relativieren was gerade geschieht. Resilienz nennt man in der Psychologie die Fähigkeit schnell aus emotional negativem Situationen wieder nach vorne zu schauen.

Wie kann man Resilienz erlernen?

Es gibt zwei Richtungen in uns. Der sympathische Nervensystem steuert die schnelle Reaktion (mit allen eigentlich auf die Dauer ungesunden Nebenwirkungen). Der Gegenspieler (Parasympathikus) ist so angelegt, dass er nur langsam wirkt. Es braucht etwas Zeit „runter“ zu kommen. Deshalb ist es immer eine gute Idee Methoden zu trainieren, die uns helfen schnell wieder in den Zustand der Beruhigung zu kommen.

Ich weiß, jetzt kommt wieder diese „Das wirkt bei mir nicht“ Antwort. Es wie mit dem Sport: von ein paar Trainingseinheiten sieht man nur einen sehr mäßigen Erfolg. Methoden, wie etwa autogenes Training oder Meditation wirken um so besser, je länger man trainiert.

Desensibilisierung

Parallel zum Training von Entspannungstechniken sollte man die konkrete Angst durch Desensibilisierung runter bekommen. Das kann man durch eine Auseinandersetzung mit dem Thema, rationale Überlegungen und Trainings hinbekommen. Vor was habe ich konkret Angst? Wie groß ist die Gefahr?

Man nimmt der Angst Stück für Stück die emotionale Komponente, indem man sich  konkret damit beschäftigt, wie groß die Gefahr ist. Wir leben in einer Welt mit vielen Gefahren. Wie schon beschrieben: Die Teilnahme am Straßenverkehr ist eine der größten Gefahren für Leib und Leben. Nehmen wir die Bedrohung durch Terrorismus als eine weitere (sehr kleine!) Gefahrenquelle in unserem Leben an. Und leben wir damit, ebenso wie wir mit der Gefahr im Straßenverkehr umgehen. Wir sind aufmerksam und wissen natürlich, dass trotzdem etwas passieren kann.

Seit dem 11. September 2001 gilt in New York die Regel: „If you see something say something“. Beobachten wir unsere Umgebung genauer, wenn wir in größeren Menschenansammlungen stehen. Aber wir sollten nicht vergessen, dass das Leben weitergeht und wir jetzt nach vorne schauend mit dieser Zuversicht gehen können – ja geradezu müssen – und hoffentlich auch wollen.

PS: Wenn Sie immer noch Angst verspüren, dann machen Sie einen Termin. Ich helfe Ihen bei der Überwindung.

Ist Achtsamkeit die Lösung? Und was ist das eigentlich?

Ich lese zur Zeit gerade zwei psychologische Fach-Bücher die unterschiedlicher nicht sein können.

Ich schau Dir ins Gehirn

Da ist zum Einen das Buch: „Das glückliche Gehirn: Ängste, Aggressionen und Depressionen überwinden – So nehmen Sie Einfluss auf die Gesundheit Ihres Gehirns“ von Daniel G. Amen. Amen war Ende der 90er Jahre einer derjenigen Neuro-Wissenschaftler, die mit den neuen Gehirnscannern den Menschen beim Denken zusehen konnten. Dabei wird das Gehirn in 3D gescannt und die Bereiche mit hoher Sauerstoffkonzentration (= viel Denkaktivität) werden sichtbar. Amen beschäftigt sich mit den Themen Depression, Angst und Impulsivität und wie sich das im Gehirn sichtbar niederschlägt. Und so schildert das Buch dann die bekannten Symptome und ohne immer wiederkehrend stellte er dann anhand des Gehirnscans eine fehlende Aktivität bzw. eine Überaktivität in bestimmten Bereichen fest.

Und was bringt das? Wir können mittlerweile jede Menge dieser unerwünschten Gehirnreaktionen messen. Mit diesen teuren Geräten kann man also belegen, dass etwas im Kopf anders läuft als bei anderen. Man bekommt also eine Erklärung für sein Verhalten.

Das Kind in uns wird verletzt

Und zum Anderen lese ich das Buch „Entwicklungstrauma heilen: Alte Überlebensstrategien lösen – Selbstregulierung und Beziehungsfähigkeit stärken – Das Neuroaffektive Beziehungsmodell zur Traumaheilung NARM“ von Laurence Heller und Aline LaPierre. Heller definiert 5 Grundbedürfnisse: Kontakt, Einstimmung, Vertrauen, Autonomie und Liebe. Wenn diese Bedürfnisse nicht ausreichend befriedigt werden, dann baut sich der Klient eine (vorhersagbare) Überlebensstrategie. Solche Modelle sind nicht neu.  Klaus Grawe hat in seinem Buch „Neuropsychotherapie“ 4 solcher Grundbedürfnisse beschrieben. Tatsächlich sind wir in Kindheit und Jugend am verletzbarsten. Wir können uns ja kaum wehren. Zurückweisungen, überfordernde Ansprüche und viele andere Anforderungen der Erwachsenenwelt können in dieser Zeit einschneidende Prägungen im eigenen Verhalten erzeugen.

Und was bringt das? Wer seine Kindheit negativ in Erinnerung hat, der findet in dem Heller-Buch Muster aus denen er sein heutiges Verhalten besser erklären kann. Das verletzte Kind in uns sucht mit bestimmten Strategien diese Erfahrungen aus der Kindheit zu verdauen. Und diese Überlebensstrategie aus der Kindheit und Jugend macht es uns dann im späteren Leben schwer im Zusammenspiel mit den Freunden und Kollegen zu agieren.

Zwei unterschiedliche Ansätze der Erklärung und eine Lösung

Man möge mir meine unwissenschaftliche Betrachtungsweise verzeihen: Beide Methoden (wie auch viele andere Methoden) basieren auf dem Konzept Erkennen – Verstehen – Abändern. Wobei die Ansätze des Erkennens und Verstehens kaum unterschiedlicher sein könnten. Wenn wir eine Erklärung haben, dann haben wir den Einstieg zur Lösung gefunden. Das Buch von Heller empfiehlt auch medikamentöse Behandlungen. Da ich selbst als Coach arbeite (und nicht als Psychotherapeut) ist mir die Abgrenzung wichtig. Richtiggehende Erkrankungen gehören in die medizinische Abteilung. Und da sind Medikamente, die den Wirkstoff-Cocktail im Kopf erst mal radikal verändern womöglich notwendig.

Aber zwischen Gesundheit und Krankheit gibt es keine Schwarz/Weiss-Beziehung – der Übergang ist fliessend. Viele dieser Symptome können, wenn sie frühzeitig erkannt werden auch durch eigene Kraft oder mit der Unterstützung eines Coachs behandelt werden. Ein wichtiges Element im (Selbst-)Coaching ist das Thema Achtsamkeit.

Achtsamkeit

Achtsamkeit (engl. mindfulness) kann als Form der Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit einem besonderen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand verstanden werden, als spezielle Persönlichkeitseigenschaft sowie als Methode zur Verminderung von Leiden (im weitesten Sinne). Historisch betrachtet ist „Achtsamkeit“ vor allem in der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis zu finden. Im westlichen Kulturkreis ist das Üben von „Achtsamkeit“ insbesondere durch den Einsatz im Rahmen verschiedener Psychotherapiemethoden bekannt geworden.

 


Das Zitat entstammt Wikipedia. Achtsamkeit kann man als formale Praxis üben. Ich habe an anderer Stelle die Übungen von Jon Kabat-Zinn „Achtsamkeit und Meditation im täglichen Leben“ mit 2 CDs, die von Heike Born sehr einfühlsam gesprochen werden, schon mal empfohlen und will das gerne noch einmal hier tun.

Und Achtsamkeit lässt sich sehr leicht ausprobieren:

Suchen Sie sich eine Uhr mit Sekundenangaben. Nehmen Sie eine entspannte Haltung ein und merken sich die Zeit. Dann atmen Sie viermal langsam und so tief wie es gerade noch angenehm ist ein – halten den Sie Atem 1-2 Sekunden, atmen dann langsam aus und verharren am Ende auch 1-2 Sekunden. Schauen Sie am Ende auf die Uhr. Planen Sie weitere Unterbrechungen im Tag ein (mittels einer Weckfunktion). Und finden Sie heraus, welches die beste Dauer für die vier Atemzüge ist.

Und was hat das mit Depression, Angst oder Impulsivität zu tun?

Eigentlich sind unsere Gehirne alle gleich: ein paar zig Millionen Gehirnzellen kommunizieren über ihre Verbindungen mit anderen Gehirnzellen und das Ganze ist eingebettet in einen Cocktail von Botenstoffen. Warum sind wir dann so unterschiedlich? Warum regt den Einen etwas auf und der Andere bleibt gelassen?

Manches mag uns schon in die Wiege gelegt worden sein (die Gene). Aber vieles machen wir unterschiedlich, weil wir unterschiedliche Erfahrungen machen von dem ersten Moment unserer Entstehung an. Und so werden wir anders: Der Eine hat eine behütete Kindheit – muss sich um wenig Dinge selbst kümmern – das ist zwar nett von den Eltern und schön für das Kind. Aber am Ende muss sich der Mensch beweisen. Umgekehrt wissen wir, dass in Familien, in denen Gewalt herscht eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Nachwuchs zu ähnlichen Mitteln greift.

Es geht dabei auch nicht darum zu bewerten, was besser ist. Auch das Vorsichtige hat seinen Wert. Wer schon mal beobachtet hat, wie Psychopharmaka beispielsweise bei Depressionen wirken, der ahnt vielleicht was ich meine. Diese Medizin lindert die Depression. Aber plötzlich schwebt man auf Wolke 7 und alles ist doch so egal. Man ist dann nicht mehr derselbe Mensch. Die zuweilen mal depressive Stimmung hat eben auch einen Sekundärgewinn (beispielsweise als Schutzfunktion vor übermütigen Handeln).

Achtsamkeit ist ein etwas mühsamerer Weg  als die medikamentöse Behandlung. Aber sie macht auch nicht abhängig und man bleibt Herr seiner selbst. Denn wenn wir verstanden haben, dass wir unser Gehirn ja unbewußt in einer pessimistischen Denkweise trainieren in dem wir eben viel zu häufig denken: „Das geht schief.“ – dann können wir auch aktiv zur einer anderen Programmierung übergehen. Aber Vorsicht: „Denk doch einfach nicht immer so negativ!“ ist keine sehr kluge Anweisung

Eine der einfachsten Übungen habe ich schon mehrfach beschrieben:

  • Nehmen Sie sich jeden Abend vor dem Schlafen ein paar Minuten Zeit um sich drei schöne Momente des Tages ins Gedächtnis zu rufen.
  • Beschreiben Sie diese kurz in schriftlicher Form
  • Beschreiben Sie dann ihren Anteil an diesen Begebenheiten

Diese Übung ist so simpel, dass manche meiner Klienten sie gar nicht oder sehr halbherzig machen. Einige berichten mir dann, es gäbe keine schönen Momente (die Klienten, die das Ernst meinen gehören sicher auf eine ernsthafte Depression als Erkrankung untersucht, was ich dann auch massiv einfordere). Ansonsten sollte diese Übung einfach sein. Manchmal schafft man es nicht bei den ersten Malen drei Momente zu finden – aber einen oder zwei findet man immer.  Und wer Schwierigkeiten hat sich abends an diese Momente zu erinnern, der beginnt plötzlich schon während des Tages den Moment wahrzunehmen („Das paßt für heute Abend in der Tagesreflexion!“)

Und so hat man mit dieser einfachen Übung seine Achtsamkeit für das Positive am Tag erhöht. Jetzt wird auch klar, warum man das unbedingt aufschreiben soll (und nicht einfach nochmal durchdenken). Schreiben bleibt länger haften. Und deshalb auch am Abend kurz vor dem Schlafen. Wer das schafft, der schläft mit ganz anderen Gedanken ein als vorher.  Wer das Ganze nochmal als Programm nachlesen und machen möchte kann das hier tun (nur für registrierte User).

Achtsamkeit ist also ein sehr weitgefasster Begriff. Es geht im Wesentlichen aber immer darum, die bestehenden Einschränkungen stärker bewußt wahrzunehmen oder bewußte Veränderungen durch genaue Beobachtung zu begleiten. Wichtiges Element ist dabei Unangenehmes wahrzunehmen – aber nicht zu bewerten. Und Positives in einer Art Dankbarkeit zu schätzen. Das klingt alles ein wenig esoterisch. Achtsamkeit verändert das Gehirn nachhaltig. Das haben viele Studien gezeigt. Menschen, die bewußter und achtsamer mit sich und seinem Umfeld umgehen haben weniger Stress, Angst und Aggression – sie leben entspannter und zufriedener.

 

Warum Schokolade nicht unbedingt glücklich macht

MP900385807Oxytocin in Nasenspray macht Männer treu“  titelte vor kurzem DER SPIEGEL online. Und in einer 3Sat-Sendung ging es um „Das Liebes- und Kuschelhormon
Bei der Entscheidung, ob wir Vertrauen fassen, ist ein Hormon ausschlaggebend: Oxytocin„. Und sofort geht es auch darum, wie kann man den natürlichen Ocytocin-Anteil im Körper steigern kann.

Erst mal ein Gehirn!

Damit dieser Blog-Eintrag wissentschaftlicher wirkt braucht es dieses Bild. Warum? Man hat Probanden einen Artikel zum Thema Gehirn gegeben. Mit einem Unterschied: die eine Hälfte erhielt den Artikel mit einem Bild eines Gehirns und die andere den unbebilderten Artikel. Der bebilderte Artikel wurde von den Probanden mit einem höheren Kompetenzgrad bewertet. Unser Gehirn reagiert auf alle möglichen Botschaften mit einer Reaktion. Neben den Gehirnzellen spielen Botenstoffe eine wichtige Rolle. Und um diese Botenstoffe geht es.

Was hat das alles mit Schokolade und Oxytocin zu tun? Neuro-Wissenschaftler untersuchen das Gehirn und versuchen die Botenstoffe, die in unserem Gehirn vorhanden sind zu entschlüsseln. Um das Ganze zu beobachten braucht es zunächst eine Hypothese. Man vermutet, daß ein bestimmter Stoff die Menschen zufriedener macht. Dann lädt man sich Probanden ein und teilt diese in zwei gleiche Hälften. Die eine Gruppe erhält den Stoff irgendwie verabreicht und die andere bekommt ein Placebo ohne Wirkstoffe. Und danach testet man mit Übungen oder Fragebögen die Fähigkeiten oder Befindlichkeiten der beiden Gruppen. Ist die Wirkstoff-Gruppe signifikant anders drauf als die Vergleichsgruppe, dann hat man einen möglichen Nachweis auf die Wirksamkeit des Botenstoffes.

Ein Käse-Sandwich erleichtert Entscheidungen

Einer der bekanntesten Botenstoffe ist das Serotonin. Die Neuro-Forscherin Molly Crockett hat in einer Versuchsreihe festgestellt, dass man durch eine Hemmung von Serotonin Menschen dazu bringen kann härter zu entscheiden. Präziser: es wurde die Reaktion auf eine unfaire Entscheidung getestet und die Serotonin-gehemmten Personen tendierten eher zu Entscheidungen, die stärker das Element der Rache betonten. Mittlerweile weiß man aus verschiedenen Untersuchungen, dass Probanden härter urteilen, wenn sie auf harten, unbequemen, statt auf weichen, bequemen Stühlen saßen. Und da Schokolade die Ausschüttung von Serotonin begünstigt, wäre es also klug zum nächsten Bewerbungsgespräch ein Kissen und Schokolade für den Interviewer als Geschenk mitzubringen.

Das ist natürlich Quatsch: all diese Botenstoffe begünstigen ein Verhalten. Es immer ein statistisches Ergebnis. Das muß aber auf den einzelnen nicht zutreffen. Molly Crockett warnte deshalb auch jüngst davor nun die Ergebnisse sofort in den Hausgebrauch zu überführen. Das beschreibt sie in einem TED-Vortrag: Oxytocin wir in allgemeinen als „Kuschelhormon“ oder „Bindungshormon“ bezeichnet. Allerdings wird dabei verschwiegen, dass dieses Hormon in Versuchen auch andere Reaktion hervorgerufen hat – Neid – Schadenfreude – und etwas was man „Wagenburg-Denken“ nennen könnte. Weitesgehend wird also die Toleranz für Andere oder Andersartigkeit unterdrückt.

Tipp: Vorsichtig sein mit Vereinfachungen von wissenschaftlichen Erkenntnissen

Wenn aufgrund einzelner Experimente die schreibende Zunft zu platten Aussagen greift, dann sollte man so etwas hinterfragen. Ich selbst versuche mit einer Suchmaschine immer auch mal gerne das Original zu finden. Im „Abstract“ oder in der Original-Publikation steht das dann selten so reißerisch formuliert. Wer seine Skepsis trainieren möchte, den empfehle ich den englischen Vortrag: „Beware neuro-bunk“ von Molly Crockett.