Martin Seligman ließ seine Studenten einen Brief schreiben. Die eine Hälfte sollte jemand, dem sie dankbar sind einen Brief schreiben in dem diese Dankbarkeit zum Ausdruck kam. Die andere Gruppe sollte einfach nur einen Brief schreiben.
Man ahnt es schon: die dankbaren Briefschreiber waren hinterher zufriedener. Und am besten wirkt das alles, wenn man den Brief dem Empfänger nicht schickt, sondern ihn besucht und ihm vorliest. Seitdem gibt es diese Dankbarkeitsübung in fast jedem Ratgeber für positive Psychologie. Wer jetzt Lust verspürt: einfach loslegen. Mehr Anweisung braucht man nicht.
Damit könnte dieser Blog schon fertig sein, wenn ich selbst nicht immer wieder daran gescheitert wäre. Es gibt sicher viele Menschen, denen ich dankbar bin. Ich wäre nicht ich, wenn es einige von denen nicht gegeben hätte. Aber das sind eine Vielzahl von Personen und keine sticht besonders hervor.
Und so habe ich immer wieder mit dieser Übung gehadert – bis vor ein paar Wochen. Ich hatte einen wirklich tollen Urlaub mit meiner Frau in Dänemark. Eine Woche sind wir spazieren gegangen, haben die Sauna genutzt und den Ofen nach jeder Wanderung eingeheizt. Es war romantisch, harmonisch, einfach fantastisch. Klar war ich dankbar für dieses Erlebnis.
Und ich musste an all die Menschen denken, die mich auf dem Weg dorthin begleitet haben. Und natürlich sind mir dann auch sofort wieder Menschen eingefallen, die mir nicht so wohlgesonnen waren. Einige (wie ich später herausfand) haben aktiv gegen mich gearbeitet. Aber wenn sie das nicht gemacht hätten? Wäre ich dann hier? Hätte ich womöglich nicht gekündigt und wäre immer noch in dem Hamsterrad?
Es ist müßig, dieses hätte … und wäre … Es führt zu keinem sinnvollen Ergebnis. Aber sicher ist doch, ich wäre nicht dort, wenn ich nicht auch diese Neider gehabt hätte. Und plötzlich kam mir ein weiteres Konzept der positiven Psychologie in den Sinn: Vergebung. Auch das hatte ich nie richtig für mich umsetzten können.
Plötzlich machte auch Vergebung einen Sinn. Ich kann das Verhalten gewisser Leute zwar immer noch nicht verstehen. Ich billige es auch weiterhin nicht wie sie mich behandeln. Aber ich konnte plötzlich leichter damit umgehen. Dankbarkeit für mein Leben und Vergebung für alle, die versucht haben, mir das Leben schwer zu machen. Auf einmal fühlte es sich leichter an.
Der Urlaub ist schon seit Wochen vorbei. Aber diese beiden Gefühle geben mir seitdem noch mehr Kraft. Und wie ist es mit Euch?
Achtet doch mal auf die Dinge des Lebens, für die Ihr dankbar seid. Sie passieren jeden Tag. Und nur die Summe der Ereignisse haben einen dorthin gebracht. Und damit auch die Summe der Menschen, denen man begegnet ist – im Guten wie im Schlechten. Und wem nichts einfällt: einfach mal durch die Fotos des Jahres stöbern, die sich so angesammelt haben. Viele tolle Erlebnisse, die wir schon wieder vergessen haben.
Mit diesen versöhnlichen Worten werde ich diesen Blog für dieses Jahr beenden. Allen Lesern und Leserinnen wünsche ich eine geruhsame Zeit und ein erfolgreiches Neues Jahr.