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Am 17. Und 18.9. fand an der FU Berlin der 1. Kongress des DACH-PP e. V. (des deutschsprachigen Dachverbands für positive Psychologie) statt. Ein Kurzbericht:

Eigentlich muss man schon bei der Organisation beginnen. Wenn man den Ressourceneinsatz bedenkt (eine Person aus der Geschäftsstelle, die als Mastermind das alles gestemmt hat), dann ist schon die perfekte Organisation zu würdigen.

2016-09-18-16-33-10An beiden Tagen gab es zentrale Keynotes für alle im Wechsel mit bis zu 4 parallelen Tracks, die spezielle Themen aufgegriffen haben.

Ein übergreifendes Thema war dabei, dass die Methoden (Interventionen) der positiven Psychologie durch die Forschung gesichert sind. Der Name „Positive Psychologie“ beflügelt immer wieder die Kritiker, die hier die Nähe zur Esoterik wittern.

Für mich als Anwender der positiven Psychologie in meinem Coaching ist es extrem wichtig, dass die Methoden in der Wirksamkeit wissenschaftlich gesichert sind.

In diesem Sinne war es sehr hilfreich zu hören, dass renommierte Universitäten auch in Deutschland daran forschen, wie man das Wohlbefinden des Menschen steigern kann.

Warum Unternehmen zuhören sollten:

In vielen Keynotes wurde darauf hingewiesen, dass eine wertschätzende Kommunikation positiven Einfluss auf die Produktivität hat. Denn das soziale Klima ist in einem Unternehmen entscheidend für den Erfolg. Einige Unternehmen waren als Zuhörer durch Vertreter der Personalabteilung dabei. Das macht mir Hoffnung. Wenn diese Botschaft – wissenschaftlich fundiert – in den Unternehmen ankommt, dann ist das gut für Mitarbeiter und das Unternehmen.

Dabei wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter, die im Kontext des Unternehmens nicht mehr mithalten können anders behandelt werden müssen. Es macht eben viel mehr Sinn im Vorfeld auf Probleme einzugehen, als am Ende einen Langzeitkranken im Unternehmen zu haben, der das Betriebsklima weiter absenkt.

In den kommenden Wochen, wenn die Vorträge mir zur Verfügung stehen, werde ich über einzelne Vorträge noch gesondert berichten. Bis dahin nur erst einmal dieser positve Ausblick auf die „Positive Psychologie“.

Alles wird gut! Wirklich?

Kennen Sie das? Man ist krank und dann kommen die „frommen Wünsche“: Alles wird wieder gut! Ich hatte eine Sommergrippe. Klar geht die wieder weg. Aber was nützt dann dieses „Alles wird wieder gut.“ Und wenn es ein ernsthafteres Problem ist, dann wird es vielleicht anders. Aber ob ich das neue „Anders-Sein“ dann gut finde?

Ist das nicht positive Psychologie?

Wenn ich dann über den „frommen Wunsch“, dass alles gut wird, mich so offensichtlich nicht übermäßig freue, dann kommt oft die Frage auf: „Aber Du redest doch von positiver Psychologie. Wirkt das bei Dir nicht?“

Kurzum: Nein, das ist nicht positive Psychologie. Das ist positives, optimistisches Denken. Optimismus nicht jedermanns Ding. In einer persönlich als belastend empfundenen Situation kann ein optimistischer Ausblick helfen. Er kann aber auch unangenehm sein, weil man gerade mehr auf Trost und Zuneigung aus ist.

Positives Denken ist ein Teil des „Methodenkoffers“, den die Positive Psychologie hat.  Man kann sein Leben besser gestalten, wenn man sich regelmäßig mit positiven Botschaften selbst beglückt. Unser Gehirn wird ständig mit Informationen von außen getriggert. Unsere internen Muster lassen uns ständig an etwas Denken. Wir können das Denken nicht ausschalten, aber wir können es lenken. Wenn wir uns also mit einem positiven Gedanken (beispielsweise eine Affirmation) beschäftigen.

Wo ist der Unterschied, ob ich mich mit einer Affirmation beschäftige oder mir jemand „fromme Wünsche“ wünscht? Ganz klar: das eine ist eine bewusste Entscheidung von mir selbst. Das Andere ist vom Anderen mir aufgesetzt. „Kein Coaching ohne Auftrag“ war ein Spruch, den ich mir als Coach schnell zu eigen gemachte habe. Gilt aber auch für alle Anderen: erst einmal sondieren, was mein Gegenüber will und nicht ungefragt kluge Ratschläge geben, die mein Gegenüber in seiner aktuellen Situation wie Hohn vorkommen und eher missgelaunter stimmen.

Wie kann Positive Psychologie helfen?

Die Positive Psychologie ist eine Ergänzung zur bisherigen Psychologie, die sich nur mit der Heilung von Defiziten beschäftigt hat (Depression, Neurosen, etc.). In der Positiven Psychologie geht es darum, Faktoren zu identifizieren, die das psychische Wohlbefinden des Menschen steigern. Dazu hatte ich in meinem letzten Blog „Wie steht es mit dem persönlichen Wohlbefinden?“ schon einiges geschrieben.

Frankl - HumorWenn man selbst mit den Gedanken der Positiven Psychologie etwas vertraut ist, dann braucht es trotzdem Einfühlungsvermögen in die Welt des Anderen. Wenn der Andere gerade im Modus „ich-will-bedauert-werden“ ist, dann überlegen Sie mal was ihnen aus so einem Loch heraus hilft. Ich setze da gerne auf Humor. Eine witzige Bemerkung und mit einem kurzen Lachen ist der erste Schritt auf dem Weg aus dem Loch oft ganz leicht passiert. Das ist zwar kein orginärer Ansatz der Positiven Psychologie. Humor gehört zu jeder Therapie, davon war Viktor Frankl, ein Wegbereiter der Psychotherapie stets überzeugt.

Und mit der Idee etwas Humor in das Leben der Anderen zu bringen möchte ich es erst mal bewenden lassen in diesem Blog. Lachen ist gesund – so neu ist das nicht – aber immer wieder lässt sich die Wirksamkeit neu zu erleben.

 

Wie steht es denn mit dem persönlichen Wohlbefinden?

In der Psychologie hatte man sich lange Zeit ausschließlich mit Krankheiten beschäftigt. Martin Seligman, ein einflussreicher Professor für Psychologie, hat um die Jahrtausendwende genau das thematisiert. „Wenn ich jemanden von einer Depression heile, was habe ich dann? Einen leeren Patienten.“ Zufrieden ist der Patient dann immer noch nicht. Und so begann die wissenschaftliche Entdeckungsreise der positiven Psychologie.

Anfangs wollte Seligman als Ziel das authentische Glück erreichen. Aber im Laufe der Forschung stellte man fest, dass dieses Ziel nur schwer in Griff zu bekommen war. Und manch eine Persönlichkeit strebt auch gar nicht nach „Glück“. In den letzten Jahren wird als Ziel der positiven Psychologie das persönliche Wohlbefinden propagiert.

Persönliches Wohlfinden

Auch das persönliche Wohlbefinden sieht bei jedem Menschen anders aus. Aber es läßt sich besser greifen. Fühle ich mich heute wohler als gestern? Das kann jeder für sich beantworten. Und danach strebt ja auch jeder.

Martin Seligman, sein Team, aber auch viele andere Forscher haben ein paar entscheidende Faktoren definiert, die das persönliche Wohlbefinden steigern.

1. Positives Gefühl

Jeden Tag gibt es Momente, die uns zu einem positiven Gefühl. Aber viel zu schnell vergessen wir das wieder. Wer sein persönliches Wohlbefinden steigern will, der sollte positive Gefühle kultivieren – auch in dem man sich jeden Abend noch mal diese Momente des Tages wieder zur Erinnerung bringt. Ich habe dazu schon seit einiger Zeit auf meiner Website ein einfaches Tool. Wer jeden Abend sechs Wochen lang diese Übung macht, der steigert damit automatisch sein Wohlbefinden.

2. Engagement, Interesse

Es bleibt dabei: Es gibt nichts Gutes, außer an tut es. Manchmal fällt es schwer, sich aufzuraffen. Dabei kommt es eigentlich immer nur auf die vermeintliche Größe der Aufgabe an. Wenn die gesamte Aufgabe zu groß erscheint, dann macht man sie einfach kleiner. Wenn ich mich zum Sport nicht aufraffen kann, dann reduziere ich die Länge der Sporteinheit. Und wenn man dann erst mal dabei ist, dann kommen oft auch der Ehrgeiz und der Spaß weiterzumachen.

3. Positive Beziehungen

Wir kennen womöglich viele Leute – schon allein über die sozialen Netzwerke. Vielleicht dazu eine Übung: Nehmen Sie alle Kontakte, die ihnen wichtig sind. Drucken Sie diese aus und schneiden Namenskärtchen. Und dann legen sie diese aus: Je näher sie denen stehen desto näher zu Ihnen und nach links, wie lange sie die Person schon nicht mehr gesprochen haben. Achten Sie mal darauf, wen Sie eigentlich sehr mögen und trotzdem seit einiger Zeit links liegengelassen haben (im wahrsten Sinn des Wortes). Rufen Sie den an, verabreden Sie sich. Beziehungen wollen Pflege.

4. Sinn, Bedeutung

Auch für den Sinn und die Bedeutung lohnt es sich manchmal ins Detail zu gehen. Ein Klient erläuterte mir, dass ihm die Arbeit keinen Spaß macht, weil alles so sinnlos ist. „Alles? Wirklich alles?“ Und schon vielen dem Klienten einige Aspekte ein, die in der Arbeit auch schön sind. Und damit sind wir wieder beim Thema „positives Gefühl“. Es geht nicht darum, sich etwas schön zu reden. Es geht darum, die Momente, in denen es uns gut geht intensiver und länger und damit meistens auch nachhaltiger auszukosten.

5. Etwas schaffen/erreichen/erledigen

Im deutschen Buch von Martin Seligman wurde der Begriff „Accomplishment“ mit Ziele erreichen übertragen. Das trifft es nicht ganz. Ich bin vor Kurzem in einem U-Bahnhof zu einem Notfall dazugekommen. Das war nicht mein Ziel. Aber zusammen mit zwei Anderen gelang es uns die Frau bei Bewusstsein zu halten und professionelle Hilfe zu holen.

Natürlich kann auch mit Absicht etwas Gutes schaffen. Wenn ich an der Kasse Zeit habe, dann lasse ich gerne mal jemanden vor, der wenig eingekauft hat. Das gibt fast immer einen netten Blick, häufig ein „Danke“. Einfach mal außer der Reihe nett sein. Das hilft auch dem eigenen persönlichen Wohlbefinden.

Was hat das mit Forschung zu tun?

Ein Beispiel für ein einfaches Element um zu erkennen was dem persönlichen Wohlbefinden hilft: Martin Seligman verteilte in seiner Studentenklasse Geld. Die eine Hälfte sollte das Geld für sich ausgeben und die andere Hälfte sollte irgendwie einem Anderen damit eine Freude machen. Mit standardisierten Fragebögen kann man die Studenten vorher und nachher nach ihrem Wohlbefinden befragen und dann die Veränderungen je Gruppe betrachten. Es macht einen Unterschied, wie man das Geld ausgibt. Diejenige, die es verschenkt haben, deren Wohlbefinden war hinterher höher als bei denen, die das Geld für sich genutzt haben.

Mit solchen Übungen und Tests kann man arbeiten. Man kann auch Veränderungen im Gehirn mittels moderner bildgebender Verfahren machen. Dieser Forschungszweig ist noch sehr jung. Neben dem persönlichen Effekt machen sich Menschen zunehmend Gedanken, wie man diese Konzepte auf Gruppen und Teams erweitern kann – in Schulen und Unternehmen.

Fazit

Dieser Blogeintrag sollte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns das Leben etwas leichter machen, wenn wir ein paar Dinge beachten und an ein paar Stellschrauben drehen.