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Growth Mindset?

Wenn Sie im Unternehmen bereits von „Growth Mindset“ gehört haben, können Sie abkürzen und weiter unten weiterlesen, wenn das bespreche.

Hier erst einmal der Versuch einer Erklärung:

Carol Dweck ist eine Psychologin an der Stanford Universität. Sie beschäftigt sich damit, warum Menschen erfolgreicher sind und warum nicht. Im Grunde hat sie den Unterschied in der Einstellung der Menschen entdeckt. Sie unterteilt Menschen in diejenigen, die ein wachstumsorientiertes Denken haben und diejenigen, die eher ein statisches Denken haben.  Das verwundert nun nicht besonders: wer sich sicher ist, dass man alles erlernen kann, der wird vieles lernen. Wer glaubt, dass Lernen nicht viel bringt, der tut sich schwer. Wer sich anstrengen kann, wer sich in eine Sache reinhängt, der hat eine hohe Chance, dass er (oder sie) es schafft. Oder kürzer gesagt, der Wille zum Erfolg ist ein wichtiger Anteil am Erfolg.

Es geht um das Lernen

In der Industrie wird der Begriff „Growth Mindset“ gerne aufgenommen. Jedes Unternehmen meint mit Wachstum allerdings die Unternehmenszahlen. Was Carol Dweck eigentlich gesagt hat ist, dass die Einstellung hilft Lernprozesse zu befruchten. Es ging Carol Dweck in erster Linie m Schulkinder und deren Einstellung zum Lernen. Es ging also um das eigene Wachstum durch eine Liebe zum Lernen.

In der Industrie sind die Schlagworte angekommen. Es geht um Selbst-Begrenzung oder grenzenloses Wachstum. Und damit verkommt diese wissenschaftliche Erkenntnis wieder zum reinen Tschaka-Coaching. Die Umsatz-Zahlen stimmen nicht, dann stimmt es wohl mit den Gedanken nicht – die stehen nicht auf Wachstum.

Nachdem Carol Tweck die meiste Zeit ihres Forscherlebens damit verbracht hat, das Lernverhalten und die Motivation von Kindern und Jugendlichen zu erforschen, hat sie seit einer Veröffentlichung im Jahre 2006 vermehrt Anfragen der Industrie bekommen und hat Ihre Forschung auf Unternehmen ausgedehnt.

Korrelation und Kausalität

Optimismus und Erfolg korrelieren – das ist eine Binsenweisheit. Aber wo ist der Zusammenhang? Gestern war bei „Wer wird Millionär“ ein fröhlicher Pädagoge, der in einem Berliner Kinderladen arbeitete. Er verspielte schnell alle Joker. Und nach dem 50:50 Joker hatte er noch zwei Auswahlmöglichkeiten auf die 4.000€. Er spielte trotzdem und wählte die falsche Antwort. Mit dem Gewinn von 500€ zog er fröhlich davon.

Und da kam mir wieder die Frage hoch: reicht eine optimistische Einstellung um Erfolg zu haben? Die Antwort ist: Nein. Wir wissen, dass zum Erfolg weitere Faktoren gehören. Eine gute Gelegenheit benötigt man ebenfalls. Ein gewisses Können könnte auch nicht schaden. Aber diese Faktoren lassen sich nicht so einfach herbei managen.

Glück ist das Zusammentreffen von Gelegenheit und guter Vorbereitung.

Klar hilft es, wenn man in Gedanken sich auf einen Kundenauftritt gut vorbereitet. Aber ist das neu? Statt nach den Faktoren zu suchen, sollte die Psychologie mehr Anstrengung investieren, wie man Motivation und Optimismus stärkt. Daran arbeite ich als Coach und da reicht es nicht einfach nur das wissenschaftlich zu belegen, dass eine solche Einstellung hilft. Es ist ein nettes Zusatzargument. Aber ein Vertriebsmitarbeiter, der in einem schwierigem Umfeld arbeitet, der wird mit noch mehr Optimismus wohl auch nicht einen Euro mehr beim Kunden erzielen und muss sich dann noch anhören, er habe kein „Growth Mindset“. Das kann dann auch Optimisten frustrieren.

In diesem Sinne: man sollte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht überdehnen. Aber vielleicht brauchen die Unternehmensführer solche Floskeln um mit neuer Wortwahl zu sagen: „Ihr strengt Euch nicht genug an.“ Womit wir beim Kern des Problems sind. De-Motivation. Aber dazu mehr in einem späteren Blog.

Alles wird gut! Wirklich?

Kennen Sie das? Man ist krank und dann kommen die „frommen Wünsche“: Alles wird wieder gut! Ich hatte eine Sommergrippe. Klar geht die wieder weg. Aber was nützt dann dieses „Alles wird wieder gut.“ Und wenn es ein ernsthafteres Problem ist, dann wird es vielleicht anders. Aber ob ich das neue „Anders-Sein“ dann gut finde?

Ist das nicht positive Psychologie?

Wenn ich dann über den „frommen Wunsch“, dass alles gut wird, mich so offensichtlich nicht übermäßig freue, dann kommt oft die Frage auf: „Aber Du redest doch von positiver Psychologie. Wirkt das bei Dir nicht?“

Kurzum: Nein, das ist nicht positive Psychologie. Das ist positives, optimistisches Denken. Optimismus nicht jedermanns Ding. In einer persönlich als belastend empfundenen Situation kann ein optimistischer Ausblick helfen. Er kann aber auch unangenehm sein, weil man gerade mehr auf Trost und Zuneigung aus ist.

Positives Denken ist ein Teil des „Methodenkoffers“, den die Positive Psychologie hat.  Man kann sein Leben besser gestalten, wenn man sich regelmäßig mit positiven Botschaften selbst beglückt. Unser Gehirn wird ständig mit Informationen von außen getriggert. Unsere internen Muster lassen uns ständig an etwas Denken. Wir können das Denken nicht ausschalten, aber wir können es lenken. Wenn wir uns also mit einem positiven Gedanken (beispielsweise eine Affirmation) beschäftigen.

Wo ist der Unterschied, ob ich mich mit einer Affirmation beschäftige oder mir jemand „fromme Wünsche“ wünscht? Ganz klar: das eine ist eine bewusste Entscheidung von mir selbst. Das Andere ist vom Anderen mir aufgesetzt. „Kein Coaching ohne Auftrag“ war ein Spruch, den ich mir als Coach schnell zu eigen gemachte habe. Gilt aber auch für alle Anderen: erst einmal sondieren, was mein Gegenüber will und nicht ungefragt kluge Ratschläge geben, die mein Gegenüber in seiner aktuellen Situation wie Hohn vorkommen und eher missgelaunter stimmen.

Wie kann Positive Psychologie helfen?

Die Positive Psychologie ist eine Ergänzung zur bisherigen Psychologie, die sich nur mit der Heilung von Defiziten beschäftigt hat (Depression, Neurosen, etc.). In der Positiven Psychologie geht es darum, Faktoren zu identifizieren, die das psychische Wohlbefinden des Menschen steigern. Dazu hatte ich in meinem letzten Blog „Wie steht es mit dem persönlichen Wohlbefinden?“ schon einiges geschrieben.

Frankl - HumorWenn man selbst mit den Gedanken der Positiven Psychologie etwas vertraut ist, dann braucht es trotzdem Einfühlungsvermögen in die Welt des Anderen. Wenn der Andere gerade im Modus „ich-will-bedauert-werden“ ist, dann überlegen Sie mal was ihnen aus so einem Loch heraus hilft. Ich setze da gerne auf Humor. Eine witzige Bemerkung und mit einem kurzen Lachen ist der erste Schritt auf dem Weg aus dem Loch oft ganz leicht passiert. Das ist zwar kein orginärer Ansatz der Positiven Psychologie. Humor gehört zu jeder Therapie, davon war Viktor Frankl, ein Wegbereiter der Psychotherapie stets überzeugt.

Und mit der Idee etwas Humor in das Leben der Anderen zu bringen möchte ich es erst mal bewenden lassen in diesem Blog. Lachen ist gesund – so neu ist das nicht – aber immer wieder lässt sich die Wirksamkeit neu zu erleben.

 

Optimismus

„Always look on the bright side of life“ – Schau immer nur auf die gute Seite des Lebens – eigentlich ein völlig unnötiger Hinweis von Monty Python. Denn statistisch gesehen sind wir alle Optimisten. Wir alle kennen die Scheidungsraten und trotzdem bewerten die meisten Verheirateten die Wahrscheinlichkeit ihrer eigenen Scheidung als 0%.

Der Optimismus Bias

Befragt man Menschen auf der ganzen Welt, dann stellt sich heraus, dass ca. 80% ihre eigenen Möglichkeiten optimistischer einschätzen als der Durchschnitt. Wir sind bessere Autofahrer. Wir glauben, dass wir weniger oft krank werden. Unser Kinder werden besser sein. Und selbst geschiedene Menschen beurteilen die Wahrscheinlichkeit, dass die neue Ehe geschieden wird mit 0%. „Noch einmal heiraten ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung.“ Diesen Satz zitiert Tali Sharot in ihrem Buch „The Optimism Bias: Why We’re Wired to Look on the Bright Side„. Bei Annahmen über unser Leben sehen wir uns im Durchschnitt besser als der Durchschnitt – das ist natürlich statistisch unmöglich.

Ist Optimismus gut für uns?

„Das Geheimnis der Zufriedenheit ist eine niedrige Erwartung.“ Diese Regel klingt zwar logisch, ist aber in wissenschaftlichen Experimenten widerlegt. Es gibt drei Gründen warum uns der Optimismus besser steht: (1) Es kommt auf die Interpretation an, mit der wir das Ereignis sehen. Optimistische Studenten sind zufrieden, wenn sie eine gute Note schreiben („ich kann es eben“) und bei einer schlechten Note sehen sie das Problem in dem unfairen Test. Wer mit schlechten Noten rechnet sieht sich bestätigt („ich kann es nicht“) und wenn die Note besser ist, dann war der Test zu leicht.  (2) Erwartungen machen uns zufrieden. Man hat  Studenten gefragt, wieviel sie zahlen würden um von einem von Ihnen bewunderten Star einen Kuss zu bekommen und zwar, wenn sie den sofort, in ein paar Stunden, in drei Tagen, in Wochen, Monaten oder einem Jahr bekommen. Am meisten wollten die Studenten zahlen, wenn der Kuss in 3 Tagen erfolgte. Diese und andere Versuche stützen die Theorie, das die Vorfreude eben doch auch eine große Quelle der Freude ist. (3) Optimismus verändert nicht nur die subjektive, sondern auch die objektive Wirklichkeit. Optimismus ist die Vorraussetzung für Erfolg. Egal ob Politiker, Sportler, Manager, … Erfolg entsteht aus einer optimistischen Grundhaltung. Es ist kein Garant für Erfolg, sondern viel mehr eine Voraussetzung.

Tali Sharot hat sich in ihren Versuchen auch gefragt, warum Menschen optimistisch bleiben. So hat sie beispielsweise Probanden befragt, wie hoch sie für sich selbst die Gefahr sehen an Krebs zu erkranken. Im Anschluss hat man den Probanden die statistisch richtige Zahl gesagt und dann nochmal gefragt, wie sie ihr eigenes Risiko einschätzen. Das Ergebnis war verblüffend. Hat jemand sein Risiko zu hoch geschätzt (50% statt des statistischen Wertes von 30%), dann schätzen diese beim nächsten Mal nahe dem Wert ein (beispielsweise 35%).  Hat jemand sein Risiko beispielsweise  bei 10% gesehen und wurde mit dem statistischen Wert (30%) konfrontiert, dann änderten sie die Werte für die eigene Gefährdung nur gering (z. B. auf 11%). Es ist nicht so, dass diese Probanden die Statistik nicht verstanden haben. Sie haben lediglich positive Nachrichten stärker genutzt um ihre pessimistische Einschätzung zu korrigieren und die negative Nachricht nicht zu sehr auf sich bezogen.

Man hat in Experimente zwei Bereiche im Gehirn identifiziert (Gyrus frontalis inferior) und festgestellt, daß schlechte Nachrichten auf der rechten Seite bearbeitet wurden und gute auf der linken und das die linke Seite besser arbeitete. Aber es bleibt natürlich die Frage: Ist Optimismus gut für uns? Wenn man diesen Über-Optimismus abschalten könnte (und das Team hat das experimentell sogar kurzzeitig geschafft), wäre das nicht besser für uns? Befragt man Feuerwehrleute, wieso sie sich bei einem Brand so sehr in Gefahr begeben haben, dann kommt die Antwort: „Wir hatten nicht damit gerechnet. “ Anders gesagt, man ist zu optimistisch an die Sache heran gegangen. Und solche Ereignisse fliegen uns immer wieder um die Ohren. Denken wir an die Finanzkrise oder an eigene Risiken, die wir eingehen, weil wir glauben, uns könnte so etwas nicht passieren.

Auf der anderen Seite ist der Optimismus unser Antrieb gerade etwas zu riskieren und damit etwas zu schaffen, was Andere nicht für möglich gehalten haben. Wir würden heute noch nicht fliegen, wenn die Gebrüder Wright und einige andere verwegene Bastler nicht optimistisch gewesen wäre, dass so ein Ding fliegen kann.

Realistischer Optimismus?!

Wir brauchen unseren Optimismus um erfolgreich zu und wir müssen aufpassen nicht zu risikofreudig auf jeden Optimismus zu reagieren. Aber selbst wenn Sie jetzt diesen Blog-Eintrag gelesen haben, wird das ihren Optimismus nicht zerstören (vorausgesetzt, sie gehören zu den 80% die optimistischer sind). Wir bleiben in unserer Grundhaltung weiterhin hoffnungsvoll und optimistisch. Das Wissen, dass Tali Sharot in ihrem Buch verbreitet (und ich jetzt in diesem Blog) kann uns aber helfen unrealistischen Optimismus besser auszusortieren oder besser darauf zu reagieren. Deshalb sollte man eben zur Vorsorgeuntersuchung gehen, auch wenn man meint nicht krank zu werden. Deshalb ist es besser etwas auf der hohen Kante zu haben auch wenn man sich seines Jobs sicher ist. Deshalb schließen wir die ein paar Versicherungen ab (die wir nie benötigen und die vor allem dann hoffentlich funktionieren, wenn es doch mal so wäre).

Ein guter Kollege hat mal zu mir gesagt: „Versuch immer nach den Sternen zu greifen und pass auf das Du dabei nicht den Boden unter den Füssen verlierst.“

PS: Nachdem ich das Buch gelesen habe und im Internet gesurft habe, habe ich eine gute Zusammenfassung des Buchs auf der TED Konferenz gefunden: Tali Sharot: The optimism bias (in englisch). Das Buch ist da deutlich ausführlicher.