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Der Aufbruch

Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen. Der Diener verstand mich nicht. Ich ging selbst in den Stall, sattelte mein Pferd und bestieg es. In der Ferne hörte ich eine Trompete blasen, ich fragte ihn, was das bedeutete. Er wusste nichts und hatte nichts gehört. Beim Tore hielt er mich auf und fragte: »Wohin reitet der Herr?« »Ich weiß es nicht«, sagte ich, »nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen.« »Du kennst also dein Ziel«, fragte er. »Ja«, antwortete ich, »ich sagte es doch: ›Weg-von-hier‹ – das ist mein Ziel.« »Du hast keinen Eßvorrat mit«, sagte er. »Ich brauche keinen«, sagte ich, »die Reise ist so lang, daß ich verhungern muß, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Eßvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise.« (Franz Kafka – 1922)

Mit dieser Parabel von Kafka ist ein Hautproblem meiner Klienten beschrieben. „Weg von hier“ ist kein richtiges Ziel. Aber diese Aussage verpufft im Erstgespräch. Hier ist mehr Detailarbeit notwendig.

Warum wollen Sie weg?
Weil es keinen Spaß macht!!
Spaß ist also wichtig?
Nein. Eigentlich sollte es wieder so sein wie früher!
Wie war es früher? Was war früher anders?

Mit solchen Fragen versuche ich dann zum Kern des Problems zu kommen. Dabei entdecken die Klienten häufig, dass sich nicht nur die Firma verändert hat. Mit dem Erfolg im Beruf kommt auch ein gewisser Anspruch auf. Die Werte haben sich verändert (verschoben?). Am Anfang war es eine pure Selbstidentifikation mit dem Job. Dazu kam eine Partnerschaft und später eine „feste Sache“  (eine Ehe) und nun sind Kinder da. Und langsam wurde die Arbeit Mittel zum Zweck. Das bemerkt man erst, wenn Selbstverständlichkeiten nicht mehr funktionieren.

Es kommt zu einem Weltkonflikt. Man will nun nicht nur im Job anerkannt sein, sondern auch als Vater bzw. Mutter eines Kindes. Beides fordert Zeit und Engagement. Jetzt braucht es noch externe Auslöser: der Wechsel des Vorgesetzten oder der eigene Jobwechsel entpuppt sich als Problem. Aus Anforderungen wird Überforderung.

Und dann will man weg

Es entsteht der Wunsch alles hinzuschmeißen und „was Anderes zu  machen.“ Das ist ein natürlicher Reflex – aber eben keine Lösung. Eigentlich sollte man ab diesen Punkt die richtigen Fragen stellen: Wo will ich hin? Was sollte von dem was ich heute habe wieder so sein? Was ist derzeit gut? Was sollte sich wie ändern? All diese Fragen fallen uns schwer alleine zu beantworten – vor allem wenn man nur weg will.

Hier helfen externe Berater. Aber Vorsicht: gute Freunde geben leider häufig nur gut gemeinte Ratschläge. Die bissigen Fragen nach den Konsequenzen und weiteren Auswirkungen einer vermeintlichen Lösung, die stellen viele nicht, weil sie die angenehme Atmosphäre stören.

Deshalb ist ein Kurzzeit-Coaching immer sinnvoll, weil man dadurch häufig schneller zu den richtigen Entscheidungen kommt.

 

Alles wird gut! Wirklich?

Kennen Sie das? Man ist krank und dann kommen die „frommen Wünsche“: Alles wird wieder gut! Ich hatte eine Sommergrippe. Klar geht die wieder weg. Aber was nützt dann dieses „Alles wird wieder gut.“ Und wenn es ein ernsthafteres Problem ist, dann wird es vielleicht anders. Aber ob ich das neue „Anders-Sein“ dann gut finde?

Ist das nicht positive Psychologie?

Wenn ich dann über den „frommen Wunsch“, dass alles gut wird, mich so offensichtlich nicht übermäßig freue, dann kommt oft die Frage auf: „Aber Du redest doch von positiver Psychologie. Wirkt das bei Dir nicht?“

Kurzum: Nein, das ist nicht positive Psychologie. Das ist positives, optimistisches Denken. Optimismus nicht jedermanns Ding. In einer persönlich als belastend empfundenen Situation kann ein optimistischer Ausblick helfen. Er kann aber auch unangenehm sein, weil man gerade mehr auf Trost und Zuneigung aus ist.

Positives Denken ist ein Teil des „Methodenkoffers“, den die Positive Psychologie hat.  Man kann sein Leben besser gestalten, wenn man sich regelmäßig mit positiven Botschaften selbst beglückt. Unser Gehirn wird ständig mit Informationen von außen getriggert. Unsere internen Muster lassen uns ständig an etwas Denken. Wir können das Denken nicht ausschalten, aber wir können es lenken. Wenn wir uns also mit einem positiven Gedanken (beispielsweise eine Affirmation) beschäftigen.

Wo ist der Unterschied, ob ich mich mit einer Affirmation beschäftige oder mir jemand „fromme Wünsche“ wünscht? Ganz klar: das eine ist eine bewusste Entscheidung von mir selbst. Das Andere ist vom Anderen mir aufgesetzt. „Kein Coaching ohne Auftrag“ war ein Spruch, den ich mir als Coach schnell zu eigen gemachte habe. Gilt aber auch für alle Anderen: erst einmal sondieren, was mein Gegenüber will und nicht ungefragt kluge Ratschläge geben, die mein Gegenüber in seiner aktuellen Situation wie Hohn vorkommen und eher missgelaunter stimmen.

Wie kann Positive Psychologie helfen?

Die Positive Psychologie ist eine Ergänzung zur bisherigen Psychologie, die sich nur mit der Heilung von Defiziten beschäftigt hat (Depression, Neurosen, etc.). In der Positiven Psychologie geht es darum, Faktoren zu identifizieren, die das psychische Wohlbefinden des Menschen steigern. Dazu hatte ich in meinem letzten Blog „Wie steht es mit dem persönlichen Wohlbefinden?“ schon einiges geschrieben.

Frankl - HumorWenn man selbst mit den Gedanken der Positiven Psychologie etwas vertraut ist, dann braucht es trotzdem Einfühlungsvermögen in die Welt des Anderen. Wenn der Andere gerade im Modus „ich-will-bedauert-werden“ ist, dann überlegen Sie mal was ihnen aus so einem Loch heraus hilft. Ich setze da gerne auf Humor. Eine witzige Bemerkung und mit einem kurzen Lachen ist der erste Schritt auf dem Weg aus dem Loch oft ganz leicht passiert. Das ist zwar kein orginärer Ansatz der Positiven Psychologie. Humor gehört zu jeder Therapie, davon war Viktor Frankl, ein Wegbereiter der Psychotherapie stets überzeugt.

Und mit der Idee etwas Humor in das Leben der Anderen zu bringen möchte ich es erst mal bewenden lassen in diesem Blog. Lachen ist gesund – so neu ist das nicht – aber immer wieder lässt sich die Wirksamkeit neu zu erleben.

 

Alles normal im Chaos?

„Man gewöhnt sich an allem, auch am Dativ“ – (unbekannter Autor). Was ist schon alles normal geworden. Die Milliarde im Zusammenhang mit Steuergeld und Konzerngewinne, Mega-Fusionen und Mega-Pleiten, die Dauerbeschallung durch Katastrophen und solche die keine sind (die gefürchtete Grippewellen, die man uns 2011 versucht hat einzureden, die aber auf wenig Impfbereitschaft gestossen ist).

Normal ist das nicht!

Im Jahre 1977 prallte im dichten Nebel am Flughafen Teneriffa zwei Boing 747 zusammen. Eine KLM Maschine hatte ein Startsignal verstanden und war im Stratvorgang während eine Pan-Am-Maschine auf die Startbahn rollte. Bei der Pan-Am Maschine überlebten von 496 Passagieren nur 61. Die Überlebenden haben nach dem Crash zügig versucht das Flugzeug zu verlassen. Einige der Überlebenden schilderten, dass Andere wie angewurzelt sitzen blieben. Ähnliches kenne wir vom World-Trade-Center. Nachdem dord die Flugzeuge eingeschlagen waren entstand keine Panik. Man sammelte sich im Büro. Einige fuhren erst mal die PCs runter und riefen ihre Angehörigen an. Auch im Treppenhaus ging man eher gemächlich runter. Warum?

Im Flugzeug könnte man noch argumentieren, dass sich viele bei der Entscheidung zwischen Flucht und Verharren falsch entschieden haben. Aber ist Verharren bei einem Brand eine gute Idee? Auch dieses Beispiel habe ich dem Buch Ich denke, also irre ich: Wie unser Gehirn uns jeden Tag täuscht von David McRaney entnommen. Der Autor kommt zu einem ganz anderen Schluss. Er nennt diese Fehlerkategorie „Normalitätsbias“. Gemeint ist damit, dass wir in kritischen Situationen keinesfalls immer in Panik geraten oder wenigsten alarmiert sind. Vielmehr versuchen wir Normalität zu erreichen.

Es ist der Versuch im Chaos durch das Handeln, als sei alles normal, vergessen zu machen. Das Muster paßt auf viele Schiffsunglücke. Viel zu lange wurde auf der Costa Concordia die Havarie als als beherschbares Problem abgetan (während er Kapitän in Panik schon mal das Schiff verliess – das war nicht der Normalitätsbias, sondern Feigheit.

BurnOut? Ist doch nur der normale Alltags-Wahnsinn!

Im BurnOut gibt es ein ähnliches Muster. In meinem Blog „Burnout? Muss das denn sein?“ habe ich zwei Stufen-Modelle gezeigt.  Und in beiden Modellen steht so etwas, wi Verleugnen der Wirklichkeit. Wir haben keine Erklärung für das Chaos – also tun wir als wäre es normal. Wir finden es auch völlig normal, wenn wir plötzlich unseren Lebnspartner anschreien und/oder uns von Freunden abkoppeln. Und wenn man uns darauf hinweist, dann reagieren wir gleichsam mit der Entschuldigung: „Du weißt, ja der Stress im Beruf.“ Und dann folgt noch ein weiteres Muster, dass in dem Buch beschrieben ist: die Verzögerungstaktik. „Wenn ich den Stress hinter mir habe, dann werde ich mich bessern.“ So etwas endet oft in einer Scheidung und/oder zerbrochenen Freundschaften.

Wie überleben wir das Chaos?

Auch wenn ich das Buch nun schon zum zweiten Mal anpreise, so hat es eine gravierende Schwächel. Auf Lösungen wird relativ wenig eingegangen. Die Lösung gegen den Normalitätsbias ist: sich besser darauf vorbereiten. Nun fällt es sicherlich schwer, sich auf alle Eventualitäten vorzuberreiten. Denoch werden wir die Normalität kritischer hinterfragen, wenn wir verinnerlichen, dass nichts so ist, wie es uns erscheint. Das habe ich versucht in meinem letzten Blog „Ist irren menschlich?“ anzureissen. Es kann hilfreich sein, sein eigenes Denken und Verhalten immer wieder kritisch zu hinterfragen. Das trainiert die Wachsamkeit. Aufmerksamkeit kann man trainieren. Es bedarf dazu allerdings etwas Zeit und Übung. Aber man kann es trainieren.