Positive Psychologie oder die Lehre vom Glück?

Als Martin Seligman Präsident der APA (American Psychological Association) wurde, da war er nur ein Psychologe, wie es viele andere gibt. Sicher kein Unbekannter, denn diese Organisation wählt sicher keinen Unbekannten aus ihren Reihen zum Präsident und vor allem nicht mit der größten Mehrheit, die je bei einer Wahl zum APA Präsidenten abgegeben wurde. Was ihn dann aber bekannt machte, war eine Überlegung zum Thema Heilung in der Psychologie.

Ist jemand traurig, dann diagnostiziert der Psychologe eine Depression. Ist dann der Heilungsprozess erfolgreich, dann ist die Traurigkeit weg. Aber was ist dann? Dann ist da die große Leere. Was wollte der Patient eigentlich ursprünglich? Etwa glücklich sein?

Wie unterstützt die Psychologie eigentlich den Weg zu mehr Zufriedenheit? Und: was denn eigentlich ein wünschenswerter Zustand? Diese Fragen löste eine Reihe von Untersuchungen aus. Dabei geht es vornehmlich nicht den „pursuit of happiness“ der amerikanischen Verfassung zu erfüllen. Es geht dabei um Gesundheit jenseits der simplen Abwesenheit von Schmerz oder „Fehlfunktion“.

Zu Anfang wurde dieser Zustand schlicht mit Happiness umschrieben und im Deutschen wurde daraus die Lehre vom Glück. Aber diese Worte sind bis zur Bedeutungslosigkeit überfrachtet. Glück oder Zufriedenheit ist schwer zu greifen.

Heute redet man eher von Positivity (Barbara Fredrickson) oder von Flourish (Martin Seligman). Das ist natürlich weiterhin sehr schwammig. Und das ist sicher auch das große Manko, dieser Forschungs-Richtung.
Die positive Psychologie, wie sich diese Richtung nennt, gibt Methoden vor und belegt dann die Veränderung. Das geht zunächst mal über subjektive Messung des eigenen Wohlbefindens mittels standardisierter Fragebögen (z. B. Wie fühlen Sie sich in einer Skala von 1 bis 10?). Es gibt einige Langzeituntersuchungen, die eine subjektiv positiv empfundene Grundhaltung mit einem längeren und gesünderen Leben korrelieren. Eine positive Grundeinstellung geht auch einher mit einem stabileren Immunsystem. Vereinzelt hat man auch einzelne Blutwerte mit einer positiven Denkweise korreliert. Ein hundertprozentiger Nachweis ist, wie immer in der Medizin, nur schwer nachweisbar.

Folgendes kann man aber zusammenfassend über die Forschungsergebnisse der Positiven Psychologie aussagen:

  1. Positives Denken und Handeln macht Menschen subjektiv zufriedener
  2. Ein weitergehender Nutzen für die Gesundheit ist belegbar
  3. Positives Denken und Handeln ist erlernbar

Zu 1. Positives Denken und Handeln macht Menschen subjektiv zufriedener: Diese Erfahrung kann man ganz leicht nachvollziehen. Dazu benötigt man idealer Weise ein Schreibheft. Und am Abend am besten vor dem Einschlafen 3-5 Minuten Zeit. Auf eine Seite schreibt man zunächst drei tolle Erlebnisse des Tages in Kurzform (kurzer Satz oder Stichworte). Diese Erlebnisse können auch sehr kurz sein („Das Lächeln der Kassiererin an der Supermarktkasse). Man findet immer drei solcher Ereignisse. Als zweites begründet man kurz, was an diesem Ereignis für einen persönlich so entscheidend war („Ich habe mich über das Lächeln sehr gefreut“). Wer das regelmäßig jeden Abend 6 Wochen macht, der wird bemerken, wie diese Übung sein Leben zunehmend beschwingt.

Zu 2. Ein weitergehender Nutzen für die Gesundheit ist belegbar: Hier kann ich auf die Literaturliste am Ende des Blogs verweisen.

Zur 3. Positives Denken und Handeln ist erlernbar: In den Büchern finden sich jede Menge kleiner Übungen wie den oben beschriebenen 3 positiven Ereignissen (bei Seligman: 3 Blessings) mit denen man seine Grundhaltung stärker in einen positiven Bereich bringen kann.

Das bedeutet in logischer Konsequenz, dass es sich lohnt eine positive Denkweise anzugewöhnen und zu trainieren. In diesem Sinne empfehle ich einige dieser Übungen meinen Klienten.

Ich freue mich auf eine rege Diskussion auf Facebook.