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Über das Nein!-Sagen

Die aktuelle Psychologie Heute wirbt mit der Headline: „Öfter mal nein sagen! Die beste Medizin gegen den BurnOut“

Warum ist es so schwer Nein zu sagen?

Ein Nein (oder eben ein Ja) ist die Reaktion auf die Anforderung eines Anderen. Jemand will (oder möchte) etwas von uns. Meistens ist ein Teil unserer Zeit, manchmal ist es aber auch ein Teil unseres Hab und Gutes, denn der Andere begehrt. Es gibt drei klassische Antwortverhalten und alle haben das gleiche Ergebnis: das gequälte Ja, das schroffe Nein und das gewundene Jein.

Das gequälte Ja soll dem Gegenüber signalisieren, dass man das dieses eine Mal das Verlangte noch macht und dann doch bitte nicht wieder. Dabei geht man davon aus, das die verborgene Meta-Botschaft beim Anderen auch so ankommt. Das ist aber oft nicht der Fall, entweder, der Gegenüber bemerkt den Missmut nicht oder er übergeht ihn schlicht und vergißt ihn wieder und flugs haben wir beim nächsten Mal wieder eine nette Anfrage. Abgesehen von der Tatsache, dass einem selbst, die gequälte Antwort selbst leid tut- der Andere wird doch sicher gute Gründe haben, wenn er gerade uns fragt und wir reagieren so …

Das schroffe Nein entbindet uns zwar kurzfristig von der Last. Aber dann kommen die Zweifel: War das rechtens? Werden wir jetzt selbst nie wieder denjenigen um etwas bitten können? Können wir überhaupt noch Andere um etwas bitten, wenn wir uns selbst so schlecht verhalten. Auf jeden Fall werden wir beim nächhsten Mal wieder Ja sagen …

Das gewundene Jein enthält meistens eine windige, oftmals erfundene Begründung, warum wir diesmal nicht Ja sagen können. Neben der Tatsache, dass man wegen einer (Not-)Lüge ein schlechtes Gewissen bekommt, so wissen wir auch, dass Lügen kurze Beine haben. Wenn also die erfundene Begründung als Lüge überführt ist, dann stehen wir aber ganz schön dumm da. Also beim nächsten Mal sagen wir besser mal wieder Ja …

Drei Antworten und ein Ergebnis: am Ende landen wir immer bei einem Ja.

Woher kommt die Problematik des nicht Nein sagen zu können?

William Ury, der in dem „Psychologie Heute“ Artikel zitiert wird, verortet das Problem in die frühe Kindheit. Ab etwa dem 18. Monat entdeckt das Kleinkind das Ich („Will nicht!“, „Mein Teddy!“, „Haben will!“). Hier können die Eltern viele falsch machen, aber auch viele richtig. Wird in dieser Zeit auch mal ein Nein vom Kleinkind akzeptiert lernt es Eigenständigkeit und Selbstwert. Wird dem Kind aber alles erlaubt, dann hat man bald einen kleinen Tyrann im eigenen Haus. Wird dem Kind bei seinem Nein allerdings systematisch der Wille gebrochen, dann wird es später mit dem Nein schwieriger. Aber wir alle haben in unserer Kindheit bei einem Nein den Gegenwind gespürt und nur wenige sind davon völlig unbeschadet rausgekommen. Es ist nicht zuletzt unsere (gute) Erziehung, die uns vor einem Nein zurückschrecken läßt. Und deshalb ist es oftmals hart für uns es auszusprechen.

Wie kann man richtig Nein sagen?

William Ury emfiehlt in seinem Buch „Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts“ ein dreistufige Methode zu einem „positiven Nein“: (1) Ja zu sich selbst sagen, (2) eine klare Grenze ziehen und (3) ein Angebot machen.

(1) Ja zu sich selbst sagen: Bevor man brüsk dem Anderen ein Nein entgegen schmettert, sollte man einfach klar die eigene Befindlichkeit äussern. Wer also ein Nein sagen möchte, der sollte für sich selbst erstmal eine gute Begründung finden, warum er dieses nicht machen kann. Ich weiß, dass so etwas einfacher klingt als es ist. Wer seinem Chef erklärt, dass er jetzt seiner Famillie Priorität einräumen will, der wird keine begeisterten Blicke ernten. Es ist aber wichtig zunächst einmal die eigenen Werte zu verdeutlichen. „Ich kann diesen Bericht nicht bis heute abend fertigstellen, weil ich an drei Abenden schon bis 20 Uhr gearbeitet habe und deshalb heute für meine Familie da sein möchte.“

(2) eine klare Grenze ziehen: Nachdem man die eigenen Werte und die eigene Befindlichkeit dargelegt hat, muss man Klartext reden und sagen, was man derzeit eben nicht zu leisten vermag. Das kann man sehr respektvoll einkleiden und es sollte eben auch eine klare Genzlinie ergeben. „Und deshalb möchte ich heute pünktlich aus dem Büro kommen.“

(3) ein Agebot machen: Es gibt eine guten Grund, warum der Andere diese Aufgabe an uns übertragen will – entweder kann er sie selbst nicht erledigen oder er hat die Befugnis etwas an uns zu delegieren. Egal wie, eine Alternative sollte nun folgen. „Ich kann morgen anstelle des Team-Meetings diesen Bericht fertigstellen, wenn Sie mich vom Meeting entbinden.“

Es ist nicht einfach!

Diese Sequenz ist keine Musterlösung. Aber sie ist ein Anfang. Nein-Sagen muss man erlernen. Dazu benötigt man eine guten Blick auf die eigenen Bedürfnisse und ein geübten Blick für einen Kompromiss. Sprechzeiten im Büro sind übrigens ein typisches Beispiel für diese Sequenz: (1) Die vielen Störungen machen unproduktiv,(2) man benötigt Zeiten in denen man ungestört arbeiten kann und (3) deshalb vereinbart man mit den Kollegen Sprechzeiten, in denen man gestört werden kann (oder Ruhezeiten, in denen man ungestört sein möchte).

Implizit steckt in dieser Logik auch der Satz: Man kann nicht immer Nein sagen. Das macht einsam und womöglich auch arbeitslos. Wir sind nun mal kooperative Wesen. Die Kunst des Nein-Sagens besteht darin, Grenzen zu ziehen ohne den Anderen zu verletzen.

Orientierung – oder – Warum Coaching?

Warum und wann benötigt man eigentlich Coaching? Mit dieser Frage beschäftigt sich dieser Blog:

Die Landkarte ist nicht das Gebiet

Dieser Leitsatz ist einer der grundlegenden Merksätze im NLP. In jedem Augenblick nimmt unser Gehirn tausende von Informationen auf. Wenn wir uns das alles im Detail merken würden, dann würde unser Gehirn in kurzer Zeit überlaufen. Aber es gibt hilfreiche Mechanismen, diese Informationen zu filtern und uns nur wenige Anteile vom Erlebten bewußt werden lassen. Wer oder was filtert denn da? Ein paar einfache Beispiele: Sitzen Sie während Sie das hier lesen? Ist der Sitz hart oder weich? Darüber haben Sie gerade nicht nachgedacht, weil Sie interessiert diesen Artikel lesen? Haben Sie Hunger oder Durst oder haben sie gerade vorher gespeist?

Alle diese Eindrücke sind immer da, aber nicht immer wichtig. Und der Teil, der unsere Aufmerksamkeit hat, läßt andere Eindrücke in den Hintergrund treten. Aber wie steuern wir das? Unser Gehirn besteht aus vielen Teilen. Wir speichern Informationen nicht ab wie einen Videofilm. Unser Gehirn ist kein Computer im herkömmlichen Sinne. Die Informationen werden parallel zeitgleich von Millionen Gehirnzellen bewertet. Ist genügend Stimulans durch die eingehenden Signale vorhanden, dann gibt diese Zelle den Impuls weiter und das wiederum an zig andere Zellen, mit denen diese vernetzt ist. Durch diese parallele Verkabelung baut sich unser Wissen auf.

Ein Beispiel ist die Mondtäuschung: Wirkt der Mond am Horizont nicht um einiges größer als wenn er oben am Firmament steht? Tatsächlich ist das eine Täuschung. In unserem Auge trifft der Mond in gleicher Größe auf das Sehfeld, egal wo er steht. Wenn er am Horizont steht, können wir in mit vielen zusätzlichen Daten vergleichen. Das geschieht mit der immer gleichen Logik für Entfernungs- und Größenschätzung. Und schon erkennen wir einen großen Mond. Steht derselbe Mond oben am Firmament, dann fehlt der direkte Vergleich und schon schrumpft der Mond in unserer Wahrnehmung.

Ob es Gerüche, Geräusche oder durch das Video huschende Gorillas sind. Immer beeinflussen alle bisher gelernten Erfahrungen und Emotionen unser aktuelles Denken und Handeln und das zu vielen Teilen unbewußt. Wir können also nicht alles können und wissen. Und so navigieren wir uns mit Hilfe unserer Vorstellungen (unserer inneren Landkarte) durch das Leben. Und das meistens auf eine für uns erfolgreiche Art.

Wo ich bin will ich sein

Dieses Zitat entstammt dem Buch Der Selbst-Entwickler: Das Corssen Seminar. Der Satz geht natürlich noch weiter – „- alles andere war mir bisher in meiner Vorstellung zu teuer.“ Jens Corssen nutzt hier den Begriff „zu teuer“ um klar zu machen, dass wir intern immer abwägen, was zu tun ist. Und das wir immer eine Art Kosten-/Nutzenrechnung aufstellen und dann danach handeln.

Dabei geht es keinesfalls immer um Gewinnmaximierung in unserem Denken. „Wir nehmen auch Unlust in Kauf um unsere Ziele zu erreichen.“ lautet eine weitere Maxime bei Corssen. Nur so funktioniert es, dass wir auch dann in die Arbeit gehen, wenn ein schwerer Tag ansteht. Oder wir werden mal eben krank. Gerade jetzt, wo wir die Gefahr durch EHEC sehen, bleibt man wegen „einer Magen- und Darmgeschichte“ besser mal zuhause. Wo ich bin will ich sein …

Aber eigentlich wollen wir nicht krank sein. Wir wollen erfolgreich sein. Was das bedeutet, dass definiert jeder von uns in seiner eigenen Landkarte. Ob Gehaltserhöhung, ein neuer Job, mehr Kompetenzen, oder private Ziele, vieles treibt uns an und gilt es zu entscheiden. Bleibt nur noch die Frage: Warum braucht man dann Coaching durch eine andere Person?

Fliegen Sie das Flugzeug selbst?

Jeder weiß, ein Flugzeug bringt uns schnell und zügig von A nach B. Wenn Sie nicht gerade der Pilot sind, dann steuern Sie das Flugzeug nicht selbst. Und am Zielort nehmen Sie ein Taxi oder ein Bus. Und das obwohl viele, die dort einsteigen womöglich ein Führerschein und ein Auto haben. Uns fehlt in der fremden Stadt aber die Orientierung.

Kommen wir zurück auf unsere innere Landkarte. Da kennen wir uns aus. Aber irgendwie ist sie beim Navigieren durch das Leben nicht immer hilfreich. Solange alles läuft wollen wir mehr davon. Das ist unser menschlicher Algorithmus. Dinge, die im Fluß sind laufen, steigern sich, zeigen Wachstum. Das funktioniert bei jedem einzelnen Menschen so und auch bei uns als Gruppe, ja sogar für die Menschheit. Und wenn es nicht mehr weiter geht? Ist das Ringen um die Energiewende nicht gerade so ein Beispiel, wo wir verstehen müssen, dass „mehr davon“ nicht immer funktioniert?

Mehr davon? Oder was Anderes?

Wenn „mehr davon“ uns in eine Sackgasse führt, dann sind wir selbst oft die Letzten, die es bemerken. Das ist das Perfide an der „mehr davon“-Strategie, die in unseren Köpfen bestens verdrahtet ist. Ein bisschen wird die Geschichte in der Fabel Die Mäuse Strategie: Veränderungen erfolgreich begegnen – Sonderausgabe dargestellt. Und nun sitzt man in dieser fabelhaften Sackgasse. Was tun?

Meine Erfahrung als Coach zeigt mir immer wieder: bevor man etwas anders machen kann benötigt man eine Orientierung. Denn auf dem Pfad des „mehr davon“ haben wir oft sehr viele „eh da“ Ressourcen liegen gelassen. Die Familie, gute Freunde, die ja immer schon da waren beginnt man nun in einem neuen Licht zu sehen. Aus der Orientierung erwachsen dann erst die neuen Pläne.

Ein professioneller Coach hilft bei einer (Neu-)Orientierung und beim Erstellen und umsetzen von Plänen. Und das Ganze kann schneller gehen als man denkt. Ein solches Modul zur Orientierung habe ich ja schon im vorherigen Blog „In eigener Sache: IPA-Coaching“ vorgestellt. Coaching funktioniert nur, wenn der Coachee die Änderung sucht. Und dann kann Coach ein Katalysator sein, weil er die Augen öffnet für neue Perspektiven.

Vielleicht auf bald bei einer (Neu-)Orientierung …

Familientherapeut choached Firmenspitze!

Ein Therapeut(?) hat diese Woche (KW 39/2009) Schlagzeilen gemacht: In einer psycholytischen (?) Sitzung hat er vorgeblich bewusstseinserweiterende Drogen an seine Patienten (?) ausgegeben. Einer ist noch in der Praxis gestorben, ein zweiter im Krankenhaus, einer liegt derzeit noch auf Intensiv und 9 (plus dem Therapeuten (?)) haben überlebt. Scharlatane gibt es immer wieder und Menschen, die denen auf den Leim gehen wohl auch.

 

Eine andere Nachricht war versteckt in einem Interview mit Bernd Buchholz, Chef des Gruner+Jahr Verlages im DER SPIEGEL 39/2009 S. 164. Etwas belustigend befragten die Redakteure Herrn Buchholz nach einem Familientherapeuten, den er zur Lösung von Konflikten hinzuzieht.

SPIEGEL: Sitzen Sie dann mit Ihren Geschäftsführern auf Matten und beschweren sich darüber, dass die vielen Journalisten Ihres Hauses Sie nicht richtig lieb haben?
 

Buchholz: Und dazu werfen wir uns im Stuhlkreis Apfelsinen zu, klar. Aber mal im Ernst: Es kann sehr heilsam sein, in so einem Kreis über Verhaltensmuster und Wahrnehmungen zu sprechen.

Hut ab, Herr Buchholz. Statt Esoterik mal was Handfestes. Gerade im Eifer des Gefechts passieren viele unbeabsichtigte Verhaltensmuster und werden durch fehlende Wahrnehmung nicht erkannt. Und schon ist der Streit vorprogrammiert. Genau darum geht es in meinem „Gespräch in Form“ Ansatz.

 

 

 

Und so liegen mal wieder bekloppte (psycholytische?) und gute Ansätze in einer Woche dicht beieinander. Und was bekommt die meiste Aufmerksamkeit? Da muss man das Gute was passiert einfach nochmal im Blog aufgreifen.