Archiv der Kategorie: Coaching

11 Gewohnheiten wenig erfolgreicher Menschen

Ich beziehe mich hier auf einen englischsprachigen Blog, der schon mehrdach kopiert wurde. Und ich breche mal mit einer Regel, die ich im Coaching lieber gerne einhalte: Keine Negativ-Sätze formulieren. Deshalb als Übung: finde zu jeder Regel das Gegenteil und zwar nicht durch Negation. Beispiel: wenn „lange schlafen“ ein Problem ist, dann nicht die Negation nehmen („nicht lange schlafen“) sondern die richtige, positive Formulierung: („früh aufstehen“ oder „um 7 Uhr wecken und aufstehen“).

Die 11 Regeln:

1. Sie sorgen sich. Sorgen sind nutzlose Verschwendung von Energie. (They worry. Worrying is a useless expenditure of energy.) Sorgen ranken sich immer um ein Ereignis. „Wenn ich zu dem Meeting zu spät komme“, „Wenn es nicht rechtzeitig fertig wird“, etc. Und wie kommt da raus? Nicht sorgen? Das wäre die Negation! Wie wäre es mit „vorsorgen“? Wer ein Ereignis fürchtet und sich Sorgen macht, der muss vorsorgen – entweder so, dass dieses Ereignis nicht eintritt oder wenn das nicht möglich ist, dann sich auf den eventuellen Eintritt des Ereignisses vorbereiten.  (Wenn ich zu spät bin, dann werde ich mich entschuldigen und die Kommentare ertragen. Wenn es nicht rechtzeitig fertig wird, dann muss ich improvisieren.) Hier gilt die goldene Regel: PPPPPP (Prior proper preparation prevents poor performance. Vorherige gute Vorbereitung verhindert schlechte Ergebnisse.) Also: Statt sorgen: vorsorgen, vorbereiten.

2. Sie hetzen sich. (They rush.) In der heutigen Zeit ist Schnelligkeit ein Mantra. Dabei verwechseln die Meisten Effektivität und Geschwindigkeit. Im Versuch etwas schnell zu erledigen entstehen Fehler. Das (zer)stört am Ende das Ergebnis. Nicht hetzen sondern langsam sein ist nicht die Alternative. Dann eher schon „Eile mit Weile„.  Das bewusste Setzen von Momenten der Ruhe und auch der Gegenkontrolle über das eigene Handeln steigert Effektivität zur Effizienz.

3. Sie sind übermäßig bemüht (Anderen) zu gefallen (They are overeager to please.) Ich erinnere mich an einen Mitarbeiter, der regelmäßig ins Wachbuch eingetragen wurde weil er noch nach 23 Uhr im Büro war. Das war in den neunziger Jahren. Da war an Homeoffice noch nicht zu denken. Heute ist es noch viel schlimmer. Die Möglichkeit seine Perfektion zu jeder Tages- und Nachtzeit auszuleben führt geradewegs in den Burnout. Die Alternative: Life-Balance. Dem Leben klare Rahmen geben. Das Handy ausschalten oder besser zuhause lassen, wenn man einen Theaterabend mit seinem Partner erleben will. Alles zu seiner Zeit und das dann richtig machen. Auch ein Familiennachmittag verdient die gleiche Aufmerksamkeit wie der Büroalltag. Die Anerkennung kann man sich auch anderweitig holen.

4. Sie arbeiten zu hart. (They work too hard.) Hier ist beim Versuch unbedingt 11 Punkte zu finden etwas Redundanz entstanden. Ich finde dieser Punkt passt zu Punkt 3.

5. Sie arbeiten zu langsam. (They work too slow.) Wer zu langsam in seinem Job ist, der sollte sich selbst fragen, ob dass der richtige Job ist.  Auch hier glaube ich die Aufzählung musste unbedingt 11 Punkte enthalten. Wer zu langsam ist und es nicht selbst bemerkt, der fällt eher unter Punkt 6:

6. Sie sehen nicht die Warnzeichen / erkennen nicht die Signale. (They don’t see the warning signs/read the signals.) Die Kunst de Lebens ist es sich selbst zu (er)kennen. Mein ganzes Konzept im Coaching basiert auf dem Prinzip: Erkennen – Verstehen – Abändern (EVAPrinzip). Dazu gehört die regelmäßige Selbst-Inventarisierung – auch in Zeiten wo alles läuft. Was läuft gut? Warum ist mir das wichtig? Wieso mache ich das? Das läßt sich auch in kurzen Zeitrahmen im Coaching erstellen.

7. Sie jammern/beklagen sich. They complain. Auch dieser Punkt erinnert ein wenig an etwas, dass schon geschrieben wurde (Punkt 1).  Aus der Vergangenheit lernen und in die Zukunft planen. Das erspart vorher die Sorgen und hinterher das Jammern.

8. Sie kritisieren. They criticize. Kritik ist häufig Jammern in einer anderen Tonart. Es wird das Erreichte in Frage gestellt. Lernerfahrung ist etwas Anderes als Kritik.

9. Sie bewegen sich nicht mit der Zeit. They don’t move with the times. „Die Firma hat sich in den letzten 10 Jahre verändert!“ und das im Ton des Vorwurfs gesagt, kann man häufig hören. Selbstverständlich hat sich die Firma verändert. Man selbst übrigens auch, selbst wenn man meint immer noch derselbe/dieselbe zu sein. Lebenslanges lernen ist eine Kernaufgabe um erfolgreich zu sein und zu bleiben. Im Übrigen ist dieser Punkt (nicht verstehen und nicht abändern) die Fortsetzung von Punkt 6 (nicht erkennen). Also gilt auch hier das Prinzip: Erkennen – Verstehen – Abändern (EVAPrinzip).

10. Sie sind nicht proaktiv. They’re not being proactive. Einfach nur machen was zu tun ist, ist okay. Aber proaktiv nachzufragen, etwas zu verbessern, Ideen einzubringen – das bringt die Anderen und einen selbst voran.

11. Sie machen nur den Job und erwarten Förderung. They just do their jobs and expect a promotion. Steht doch so schon in Punt 10 oder?

MiNew EAV transparentt anderen Worten: Die richtigen Dinge richtig machen – das impliziert, dass man sich selbst im Klaren ist was richtig ist. Dazu braucht es regelmäßige Selbst-Inventarisierung, Selbst-Aktualisierung. Und dann Probleme Erkennen – Verstehen – Abändern (EVAPrinzip). Und die goldene Regel: Aus der Vergangenheit lernen, in die Zukunft planen und im Hier und Jetzt leben. Das sollte für ein erfolgreiches Leben reichen.

Buchkritik zu Sean Brummel: Einen Scheiß muss ich

Der amerikanische Erfolgscoach Sean Brummel hatte 2015 einen riesigen Erfolg mit seinem Selbsterfahrungsbuch „Do whatever the fuck you want – The ESMI principle“ besonders mit der deutschen Version, die von Tommy Jaud aus dem amerikanischen erfunden wurde.

Brummel ist aufgefallen wie viel man eigentlich immer im Leben erledigen muss. Denken Sie nur an die Neujahrsvorsätze: jetzt müssen wir mehr Sport machen, gesünder essen, etc. Das laden wir uns zusätzlich auf,  denn die „Du musst“ Ansprüche der Anderen bleiben bestehen. Wir müssen die Garage aufräumen, noch das Geschirr spülen, etc.

Jetzt mal etwas ernster. Dem Kult-Comedy-Autor Tommy Jaud ist eine wunderbare Persiflage auf die vielen Selbsthilfe-Bücher gelungen. So weit, so gut. Und dabei ist auch Plädoyer gegen das ewige „Du musst“ entstanden. Mir persönlich hat das Kapitel über Erfolg am Besten gefallen.

Einstiegsdroge Job

Das Buch mag eine Persiflage sein. Aber es bringt unterschwellig interessante Gedanken auf: Unser Job ist eine Droge. Man kann das an den Kriterien für Suchtverhalten festmachen:

  • Dosissteigerung: (Sie arbeiten immer mehr)
  • Kontrollverlust: (es gelingt Ihnen nur kurz oder gar nicht, die Arbeitszeit zu begrenzen)
  • Entzugserscheinungen: (es treten körperliche Symptome auf, wenn der Zugang zum Arbeitsplatz unterbrochen wird)
  • Toleranzentwicklung: (Sie können mehr und mehr arbeiten)
  • Ersatz für soziale Kontakte: (statt Ihre Freundschaften zu pflegen, weichen Sie lieber auf den Job aus)
  • Falsche Freunde: (Sie umgeben sich vermehrt mit Leuten, die ebenfalls einen Job haben)
  • Gesundheit: (trotz sichtbarer negativer Folgen behalten Sie Ihren Job)

Zitat aus dem Buch

Ich betreue auch Klienten, deren beruflicher Erfolg nicht mehr gesehen wird (neudeutsch: low performer). Und auch wenn Mitarbeiterbeurteilungen überwiegend subjektiv sind, so kann sich doch irgendwann das Umfeld so geändert haben, dass man selbst ein Teil des Problems ist, es aber nicht erkennt. Und dann wirkt die Droge Job tatsächlich so wie oben beschrieben. Natürlich hat man auch Ängste um den sozialen Abstieg – selbst dann, wenn man noch keine einzige Bewerbung geschrieben hat – oder dann ganz besonders. Es ist dieses Klammern an den aktuellen Job in faktisch aussichtsloser Lage, der mich immer wieder erstaunt. Und wieviel Kraft diese Sucht binden kann, die man anderweitig viel effizienter einsetzen könnte (beispielsweise bei Bewerbungen oder anderen Alternativen).

Fazit: Nicht immer alles „müssen“

Wer sich selbst erwischt, weil er unter Druck steht vor lauter Verpflichtungen, der sollte sich diese einmal der Reihe nach alle Aufgaben aufschreiben:

Ich muss noch …

Und dann Muss-Satz für Muss-Satz durchgehen und darüber nachdenken: Warum eigentlich? Und vielleicht schreibt man dann hinter einigen Sätzen einfach: ESMI. Einen Scheiß muss ich.

Jetzt oder doch später?

Um diese Versuchsreihe ranken sich Mythen: Kindern wurde eine Süßigkeit vorgelegt. Dann wurde ihnen erklärt, dass der Versuchsleiter nun den Raum verlässt und wenn er wiederkommt und die Süßigkeit ist noch unversehrt (unverzehrt:-)), dann gäbe es die doppelte Ration. Berühmt wurde dieses Experiment, weil in einer Nachuntersuchung die geduldigen Kinder zu kleinen Wunderkindern mutierten: belastbarer, erfolgreicher, etc.

Was ist dran?

Tatsächlich wurde diese Versuchsreihe unter der Leitung des österreichisch-amerikanischen Psychologen Walter Mischel zwischen 1968 und 1974 in einer Schule mit ca. Vierjährigen gemacht. Mischel ging es aber vor allem darum, die Triebfeder für die Geduld zu entschlüsseln. Dabei hatten die Kinder eine Glocke, mit der sie das Warten abbrechen konnten. Es dauerte im Durchschnitt 6-10 Minuten bevor die Kinder unruhig wurden.

Und in Nachuntersuchungen (1980/81) wurde festgestellt, dass die bestimmte Eigenschaften (schulische und soziale Kompetenzen) bei den geduldigeren Kindern häufiger waren. (Achtung: Statistik bedeutet nicht schwarz oder weiß, sondern nur, dass eine bestimmte Eigenschaft häufiger auftrat – es gab also auch unter den Ungeduldigen gute schulische und soziale Kompetenzen).

Eigentlich ging es in dem Experiment darum festzustellen, was es leichter macht „geduldig“ zu sein. So wurde die Belohnung verändert: Marshmallow, Salzgebäck, Spielchips, etc) und die Anordnung variiert (mal wurde die Belohnung direkt vor dem Kind platziert und mal abgedeckt).

Was lernt man daraus?

Mischel untersuchte vor allem den Faktor Geduld in Bezug auf Erfolg. Er kam dabei zu dem (wenig überraschenden) Ergebnis, dass man mit Geduld und Ruhe klarer überlegen kann. Die Kinder, deren Anreiz verdeckt wurde oder die von ihrem Platz sich von dem Anreiz abwandten hielten länger durch (und gehörten dann später natürlich zu der erfolgreicheren Gruppe).

Mit anderen Worten, wenn wir was konzentriert schaffen wollen, dann sollten wir Ablenkung vermeiden. Das kann man trainieren und lernen. Viele Apps und Programme auf PC, Tablet oder Smartphone wollen uns mit „Neuigkeiten“ informieren. Aber brauchen wir das im Moment? Oder lenkt das ab? Man kann das Abschalten und sollte das auch machen. Das ist etwas sehr Einfaches und fast Banales, dass man lernen kann – aber viel zu selten umsetzt. (Ich selbst habe das konsequent gemacht mit der Folge, dass mich Kollegen anriefen, warum ich denn auf ein Mail noch nicht reagiert habe, dass sie vor einer Stunde geschickt hatten.)

Ebenso ergab das Experiment, dass man die kurzfristige Belohnung gedanklich entwerten muss und die langfristige erhöhen. Also nicht nur einfach „Ich schaffe das“, sondern auch darüber nachdenken, wie man dann die „große Belohnung“ bekommt. Vielleicht auch ein Seitenhieb auf das derzeitige „Wir schaffen das“ Konzept. Was fehlt ist die Vision, warum man das schaffen soll. (Aber bitte nicht wieder „blühende Landschaften“). Wer sein Ziel in seinen Vorstellung erreichen kann, der kann geduldiger agieren.

Für die Kindererziehung bedeutet das, nicht immer und sofort auf das drängende, oft lautstarke Verlangen reagieren, sondern dem Kind beibringen, dass sich Warten lohnt. Dazu braucht es mehr als nur einmal streng „Nein“ zu sagen. Es braucht ein Konzept in der eigenen Erziehung, dem Kind im Nachgang eine „echte Belohnung“ zu geben, wenn es geduldig war.

Denn ob Geduld angeboren oder anerzogen ist konnten diese Experimente nicht zeigen. Wohl aber, dass Geduld und Ruhe erlernbar ist und dass man mit dieser Eigenschaft sehr viel weiter kommt. Womit ich wieder beim Thema Residenz bin. Und dazu kann man genügend Tipps in meinen anderen Blogs bekommen. Viel Spaß beim Stöbern.