Beim Schachspiel mit einer Schachuhr kann man trotz guter Ausgangslage in Bedrängnis kommen, wenn man nur noch wenig Zeit hat. Das nennt man Zeitnot – ein Begriff der im Schach sogar in anderen Sprachen so heißt. In Zeitnot geraten wir Menschen aber auch häufiger ohne Schach zu spielen und das trotz guter Taktung durch Kalender, Smartphone, etc. Oder gerade deswegen?
Mit dem Siegeszug von Smartphone und der modernen Kommunikation sollte unser Leben doch viel leichter werden. Man muss nicht mehr soviel koordinieren – eine Nachricht und schon wissen die Kollegen, Freunde, etc, Bescheid. Womit wir wohl schon beim Kernproblem sind:
Die gewonnene Zeit, die man hätte, weil sich alles so zeitnah ändern lässt, die haben wir sofort wieder investiert im Sinne von noch mehr Effizienz. Noch mehr tun mit weniger Aufwand. Und das Ergebnis ist immer mehr kurzfristige Umplanung von eh schon zu kurz geplanten Aktivitäten.
Wir haben dadurch auch Freiräume verloren. Während man auf die Zusendung eines Dokumentes gewartet hatte, gab es früher ungeahnte Freiräume in denen man Zeit hatte nochmal die Aufgabe zu überdenken und Probleme frühzeitig zu erkennen.
Heute erkennen wir Probleme erst dann, wenn sie auftreten. Die Zeit mal etwas länger im Vorhinein etwas zu überdenken, die nehmen wir uns eher selten. Und damit bringt uns jedes Unvorhergesehene in Zeitnot.
Die Zeitnot ist erwartbar. Aber wir rechnen nicht damit. Wir werden hektisch, wütend über den Zwischenfall. Die Perfektionisten empfinden sich als Versager. Und damit ist die Zeitnot eine der größten Problemquellen in unserem Leben geworden. Wir haben keine Zeit mehr über uns selbst nachzudenken. Wir funktionieren nur noch getaktet von Kalender und Smartphone. Und wenn das dann nicht anerkannt wird – der Vorgesetzte Kritik an der Arbeit anbringt – dann entsteht die Mischung aus Versagensangst, Wut und Trotz.
Was kann man dagegen tun?
In meiner Zeit bei Microsoft wollte ein Vorgesetzter einen Termin kurzfristig ausmachen. „Kommende Woche Donnerstag 10 bis 11 Uhr wäre der nächste freie Block“ habe ich ihm angeboten. Skeptisch schaute er in meinen Kalender und entdeckte einen Termin an dem ich den internen Unternehmensfragebogen ausfüllen wollte – den hatte ich mir als Blocker dort eingetragen – und der war am nächsten Tag. „Nimm doch den!“ „Geht nicht. Abgabe ist Ende der Woche.“ „Dann mach den doch später am Abend.“ Überstunden gibt es keine, da kann man beliebig die Freizeit des Mitarbeiters einschränken.
Ich hatte mir seitdem angewöhnt immer ein paar „Systemzeit“ Blöcke in meinem Kalender zu reservieren. Immer mal wieder über die Arbeitswoche mehrere Stunden für mich zu blockieren. Sozusagen ein Meeting nur mit mir zu aktuellen Themen. Neben der Mittagspause, die täglich in den Kalender gehört, hatte ich immer zwei halbe Stunden am Tag für mich. Manchmal musste ich die für ein AdHoc Meeting opfern. Aber häufig blieb Zeit für mich.
Mein Tipp in diesem Blog ist also sehr einfach: Machen Sie mehr Meetings mit sich selbst. Einzige Bedingung: das Alltagsgeschehen wird für diese Zeit ausgeblendet. Ich selbst habe dann einen kurzen Spaziergang gemacht („einen Kollegen in einem anderen Büro aufsuchen“) oder habe mir einen Raum reserviert in dem ich alleine war (Konferenzräume eignen sich da bestens). Wichtig ist ist, dass man dann Zeit für sich hat. Wie man die nutzt, als Erholung oder zum Nachdenken über wichtige Dinge, dass ist nicht so wichtig. Raus aus der aktuellen Denkschleife ist das Ziel.
Danke
Mit diesem einfachen Tipp möchte ich mich bei allen Lesern meiner immer noch sehr unregelmäßigen Kolumne bedanken und allen ein erfolgreiches neues Jahr wünschen.