Schlagwort-Archive: Gehirn

Prokrastination = aufgeschoben ist nicht aufgehoben ….

„Ich sollte arbeiten, aber surfe stattdessen ziellos durchs Internet“ – So oder so ähnlich geht es vielen von uns. Statt eine Aufgabe zu erledigen haben wir nur mal schnell noch etwas Anderes dazwischen geschoben und nun ist ein Haufen Zeit ins Land gegangen und nichts ist vorangegangen. Dieses Aufschieben hat im Englischen schon einen Namen bekommen: procrastination. Der eingedeutschte Begriff scheint noch etwas weniger verbreitet. Aber in Wikipedia kann man ihn schon finden.

Aufschieben, auch Prokrastination (lateinisch procrastinatio „Vertagung“, aus pro „für“ und cras „morgen“), Erledigungsblockade, Aufschiebeverhalten oder Handlungsaufschub ist das Verhalten, notwendige aber unangenehme Arbeiten immer wieder zu verschieben, statt sie zu erledigen. Drei Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Verhalten als Prokrastination eingestuft werden kann: Kontraproduktivität, mangelnde Notwendigkeit und Verzögerung.

So einfach geht das. Schon haben wir ein neues Problemfeld definiert und die Soziologen und Psychologen haben ein neues Betätigungsfeld.

Aber warum können wir nicht bei einer Sache bleiben? Hier spielen verschiedene Faktoren rein. In uns selbst geht es wohl vor allem um Motivation und Willensstärke. Motivation ist aber immer bei uns vorhanden, denn das Surfen im Internet ist ja auch durch etwas in uns motiviert worden (beispielsweise Neugierde). Willensstärke ist da schon ein schwierigeres Thema. Seligman definiert im Englischen sogar eine Gegenpart zu „procrastination“ und nennt das „grit“ bzw. „grittiness“. Noch ist die deutsche Übersetzung von Seligman’s „Flourish“ nicht erschienen. Aber ich freue mich jetzt schon über die Kreativität des Übersetzers bei diesem Wort. Es gibt dazu sogar einen Test, den ich für hochgefährlich halte.

Ist  Willensstärke nicht eigentlich die Fähigkeit, uns gezielt für etwas zu motivieren? Dahinter steckt das evolutionsbiologische Konzept, dass alles was wir tun einer inneren, zum Teil unbewussten Motivation folgt. Der Begriff der Willenstärke und was der Test eigentlich misst, ist das Maß der Fähigkeit sich zu etwas zu motivieren. Und wer sich für willensstark hält, der hat in Wirklichkeit die (un-)bewußte Fähigkeit, sich auch auf scheinbar ungeliebte Aufgaben zu motivieren. Und damit sind wir schon nahe an der Lösung des Problems.

Wir benötigen Motivation und keine Willensstärke. Wir können nur schwerlich verhindern, dass wir mal abschweifen und uns gehen lassen. Aber wir werden uns alsbald dabei erwischen und diesen kurzen Moment des Bewusstwerdens kann man entweder so nutzen, wie wir das immer gemacht haben, nämlich mit diesen „Nur noch eine Seite / ein Mausklick / … “ und schon tauchen wir wieder ein in die vermenintliche Prokrastination, die ja nichts anderes ist als eine fehlgeleitete Motivation. ODER wir nutzen diesen Moment um uns neu zu fokussieren. Dazu hält man am Einfachsten diese 4 nun folgenden Fragen in einem kleinen Zettel parat und beantworten sich selbst diese Fragen kurz schriftlich:

4 Fragen um das Problem zu lösen

  1. Wo bin ich jetzt und was mache ich gerade?
  2. Was wollte/könnte ich stattdessen machen?
  3. Wie würde ich mich fühlen, wenn ich das erledigt habe?
  4. Was wäre der erste Schritt?

Spätestens bei der Antwort auf die Frage 3 wird es spannend. Denn hier sprechen wir direkt unser Belohnungssystem im Gehirn an und motivieren uns mit der vorausgenommenen, aber doch sehr realistischen Vorstellung, wie es sich anfühlt, wenn wir das Ziel erreicht haben. Damit haben wir der unbewußten Programmierung unseres Gehirn ein Schnippchen geschlagen. Jetzt freuen wir uns auf einen früheren Feierabend oder einfach nur darauf beruhigter ins Wochenende zu gehen oder die Wochenendarbeit gespart zu haben oder …
Und die 4. Frage ist natürlich auch so ein Trick. Jeder Marsch beginnt mit dem ersten Schritt und jeder Flow auch. Denn wer weiß? Oft kommt der Spass an der Arbeit ja wieder zurück, wenn man nur mal angefangen ist. Mir geht das regelmässig so, wenn ich beispielsweise meine Steuererklärung vor mir herschiebe. In dem Moment, wo ich anfange alles zusammenzusuchen, geht es plötzlich Ruckzuck.

Feedback zu dem Thema? Wie immer gerne auf Facebook.

Glück gehabt?

In letzter Zeit lese ich vermehrt über die “positive Psychologie”. In diesem Blog möchte ich einen Aspekt davon rausgreifen.
Worum es beim Thema Positive Psychologie geht habe ich schon in einem vorhergehenden Blog beschrieben: Positive Psychologie oder die Lehre vom Glück? Heute möchte ich ein konkretes Beispiel geben, dass jeder ausprobieren kann Also: Wie kann man von der positiven Psychologie profitieren?
In dieser Übung, die ich gleich erläutere, muss man etwas aufschreiben. 

Warum ist es wichtig, dass man etwas aufschreibt?

Schreiben hat in unserem Kopf eine ganz andere Bedeutung als nur mal drüber zu sprechen oder sich das gar nur mal schnell in Gedanken zu formulieren. In einem Versuch hatte man Probanden gebeten mit jemanden, der zum Experiment-Team gehörte über eine sehr persönlich Angelegenheit zu sprechen. Eine Kontrollgruppe sollte nur über ihren (banalen) Tagesablauf sprechen. Die Probanden, die auf sehr einfühlsamen Zuhörer für ihre dramatische Geschichte trafen berichteten nachher, dass ihnen das Gespräch gut getan hatte. Aber in den Kontrollmessungen nach wenigen Tagen und nach Monaten waren diese Probanden genauso zufrieden, wie die Kontrollgruppe, die nur den eher belanglosen Tagesablauf erzählt hatte.
In einem anderen Versuch wurden Probanden gebeten über ein bewegendes Ereignis zu schreiben. In diesem Falle war die Wirkung auf die Zufriedenheit deutlich messbar als Verbesserung zu erkennen. Schreiben ist eben geordnetes Denken. 

Warum ist Positives so entscheidend?

In einem anderen Versuch wollte man klären, was für die Psyche am besten wirkt um sein Denken in eine positivere Richtung zu bringen. Man hat drei Versuchsgruppen eingeteilt. Die erste Gruppe sollte über positive Aspekte des Tages etwas schreiben, die zweite über negative Aspekte und die dritte nur über den Tagesablauf allgemein. Es überrascht eigentlich nicht, dass die erste Gruppe einen messbaren Zuwachs in der Lebenszufriedenheit hatte. 

Warum hilft es positive Aspekte aufzuschreiben?
Wenn man in eine Bäckerei kommt, dann duftet alles lecker nach Kuchen und Gebäck. Wenn man dort ein paar Stunden verbringt, dann nimmt den Duft nicht mehr wahr. Unser Gehirn ist so geprägt, dass alles Positive nach einer gewissen Zeit in Vergessenheit gerät. Man muss erst mal wieder rausgehen aus der Bäckerei um dann beim wieder reingehen den Duft erneut zu bemerken und zu geniessen. In diesem Sinne ist das Aufschreiben auch ein bewusstes Wiedereintauchen in das Geniessen der Situation.

Ablauf der Übung:

Diese Übung sollte über sechs Wochen laufen. Sie benötigen einen Drucker, denn Sie benötigen für jeden Tag ein Arbeitsblatt – also 42 mal ausdrucken.

Um die Veränderung messen zu können, gehen Sie auf der EVAPrinzip Website Wie glücklich sind Sie? um eine erste Startmessung machen.

Danach laden Sie das Dokument zur Tagesreflexion herunter und drucken dieses 42 mal aus.

Nun füllen Sie jeden Abend ein Arbeitsblatt aus. Bei den drei guten Dingen des Tages geht es nicht (nur) um weltbewegende Dinge. Das Lächeln des Gegenübers ist es manchmal auch schon wert erwähnt zu werden. Nach sechs Wochen bekommen Sie ein Erinnerungsmail und machen den Zufriedenheitstest dann noch einmal. Dann können Sie die Veränderung am eigenen Beispiel sichtbar nachvollziehen. Ich freue mich über jedes Feedback auf Facebook.

Orientierung – oder – Warum Coaching?

Warum und wann benötigt man eigentlich Coaching? Mit dieser Frage beschäftigt sich dieser Blog:

Die Landkarte ist nicht das Gebiet

Dieser Leitsatz ist einer der grundlegenden Merksätze im NLP. In jedem Augenblick nimmt unser Gehirn tausende von Informationen auf. Wenn wir uns das alles im Detail merken würden, dann würde unser Gehirn in kurzer Zeit überlaufen. Aber es gibt hilfreiche Mechanismen, diese Informationen zu filtern und uns nur wenige Anteile vom Erlebten bewußt werden lassen. Wer oder was filtert denn da? Ein paar einfache Beispiele: Sitzen Sie während Sie das hier lesen? Ist der Sitz hart oder weich? Darüber haben Sie gerade nicht nachgedacht, weil Sie interessiert diesen Artikel lesen? Haben Sie Hunger oder Durst oder haben sie gerade vorher gespeist?

Alle diese Eindrücke sind immer da, aber nicht immer wichtig. Und der Teil, der unsere Aufmerksamkeit hat, läßt andere Eindrücke in den Hintergrund treten. Aber wie steuern wir das? Unser Gehirn besteht aus vielen Teilen. Wir speichern Informationen nicht ab wie einen Videofilm. Unser Gehirn ist kein Computer im herkömmlichen Sinne. Die Informationen werden parallel zeitgleich von Millionen Gehirnzellen bewertet. Ist genügend Stimulans durch die eingehenden Signale vorhanden, dann gibt diese Zelle den Impuls weiter und das wiederum an zig andere Zellen, mit denen diese vernetzt ist. Durch diese parallele Verkabelung baut sich unser Wissen auf.

Ein Beispiel ist die Mondtäuschung: Wirkt der Mond am Horizont nicht um einiges größer als wenn er oben am Firmament steht? Tatsächlich ist das eine Täuschung. In unserem Auge trifft der Mond in gleicher Größe auf das Sehfeld, egal wo er steht. Wenn er am Horizont steht, können wir in mit vielen zusätzlichen Daten vergleichen. Das geschieht mit der immer gleichen Logik für Entfernungs- und Größenschätzung. Und schon erkennen wir einen großen Mond. Steht derselbe Mond oben am Firmament, dann fehlt der direkte Vergleich und schon schrumpft der Mond in unserer Wahrnehmung.

Ob es Gerüche, Geräusche oder durch das Video huschende Gorillas sind. Immer beeinflussen alle bisher gelernten Erfahrungen und Emotionen unser aktuelles Denken und Handeln und das zu vielen Teilen unbewußt. Wir können also nicht alles können und wissen. Und so navigieren wir uns mit Hilfe unserer Vorstellungen (unserer inneren Landkarte) durch das Leben. Und das meistens auf eine für uns erfolgreiche Art.

Wo ich bin will ich sein

Dieses Zitat entstammt dem Buch Der Selbst-Entwickler: Das Corssen Seminar. Der Satz geht natürlich noch weiter – „- alles andere war mir bisher in meiner Vorstellung zu teuer.“ Jens Corssen nutzt hier den Begriff „zu teuer“ um klar zu machen, dass wir intern immer abwägen, was zu tun ist. Und das wir immer eine Art Kosten-/Nutzenrechnung aufstellen und dann danach handeln.

Dabei geht es keinesfalls immer um Gewinnmaximierung in unserem Denken. „Wir nehmen auch Unlust in Kauf um unsere Ziele zu erreichen.“ lautet eine weitere Maxime bei Corssen. Nur so funktioniert es, dass wir auch dann in die Arbeit gehen, wenn ein schwerer Tag ansteht. Oder wir werden mal eben krank. Gerade jetzt, wo wir die Gefahr durch EHEC sehen, bleibt man wegen „einer Magen- und Darmgeschichte“ besser mal zuhause. Wo ich bin will ich sein …

Aber eigentlich wollen wir nicht krank sein. Wir wollen erfolgreich sein. Was das bedeutet, dass definiert jeder von uns in seiner eigenen Landkarte. Ob Gehaltserhöhung, ein neuer Job, mehr Kompetenzen, oder private Ziele, vieles treibt uns an und gilt es zu entscheiden. Bleibt nur noch die Frage: Warum braucht man dann Coaching durch eine andere Person?

Fliegen Sie das Flugzeug selbst?

Jeder weiß, ein Flugzeug bringt uns schnell und zügig von A nach B. Wenn Sie nicht gerade der Pilot sind, dann steuern Sie das Flugzeug nicht selbst. Und am Zielort nehmen Sie ein Taxi oder ein Bus. Und das obwohl viele, die dort einsteigen womöglich ein Führerschein und ein Auto haben. Uns fehlt in der fremden Stadt aber die Orientierung.

Kommen wir zurück auf unsere innere Landkarte. Da kennen wir uns aus. Aber irgendwie ist sie beim Navigieren durch das Leben nicht immer hilfreich. Solange alles läuft wollen wir mehr davon. Das ist unser menschlicher Algorithmus. Dinge, die im Fluß sind laufen, steigern sich, zeigen Wachstum. Das funktioniert bei jedem einzelnen Menschen so und auch bei uns als Gruppe, ja sogar für die Menschheit. Und wenn es nicht mehr weiter geht? Ist das Ringen um die Energiewende nicht gerade so ein Beispiel, wo wir verstehen müssen, dass „mehr davon“ nicht immer funktioniert?

Mehr davon? Oder was Anderes?

Wenn „mehr davon“ uns in eine Sackgasse führt, dann sind wir selbst oft die Letzten, die es bemerken. Das ist das Perfide an der „mehr davon“-Strategie, die in unseren Köpfen bestens verdrahtet ist. Ein bisschen wird die Geschichte in der Fabel Die Mäuse Strategie: Veränderungen erfolgreich begegnen – Sonderausgabe dargestellt. Und nun sitzt man in dieser fabelhaften Sackgasse. Was tun?

Meine Erfahrung als Coach zeigt mir immer wieder: bevor man etwas anders machen kann benötigt man eine Orientierung. Denn auf dem Pfad des „mehr davon“ haben wir oft sehr viele „eh da“ Ressourcen liegen gelassen. Die Familie, gute Freunde, die ja immer schon da waren beginnt man nun in einem neuen Licht zu sehen. Aus der Orientierung erwachsen dann erst die neuen Pläne.

Ein professioneller Coach hilft bei einer (Neu-)Orientierung und beim Erstellen und umsetzen von Plänen. Und das Ganze kann schneller gehen als man denkt. Ein solches Modul zur Orientierung habe ich ja schon im vorherigen Blog „In eigener Sache: IPA-Coaching“ vorgestellt. Coaching funktioniert nur, wenn der Coachee die Änderung sucht. Und dann kann Coach ein Katalysator sein, weil er die Augen öffnet für neue Perspektiven.

Vielleicht auf bald bei einer (Neu-)Orientierung …