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Flow? Was ist das denn?

Als ich zum ersten Mal das Buch Flow: Das Geheimnis des Glücks von Mihaly Csikszentmihalyi gelesen habe, konnte ich wenig damit anfangen. Jeder kennt das Gefühl, dass einem überkommt wenn man sich in eine Aufgabe vertiefen kann, wenn man ganz bei der Sache ist. So what? Erst als mir klar wurde, dass der so entdeckte Flow quasi nur ungewollt auftritt und man so etwas gerne auch gewollt haben möchte habe ich dem Flow eine zweite Chance gegeben.

Was ist ein Flow?

Flow entsteht aus einer Aktivität. Diese darf nicht überfordern und auch nicht langweilig sei. Sie muss eine unmittelbare Rückkopplung bieten, man kann sozusagen mit den Zwischenergebnissen schon erste motivierendende Erfolgserlebnisse haben. Das Ziel der Aktivität sollte in sich selbst liegen, also mit dessen Fertigstellung vollständig abgeschlossen sein.

Jetzt wird sofort klar, warum Computerspiele süchtig machen. Jedes Computerspiel funktioniert nach diesem System. Man arbeitet sich von Level zu Level – das kann Stunden so gehen – aber nur wenige Computerspiele habe ein Happyend – meistens scheitert man an einem Level. Und das macht dann noch mehr süchtig.

Ein echter Flow endet versöhnlich mit einem Ergebnis. Er macht deshalb nicht süchtig im eigentlichen Sinn – aber natürlich will man gerne wieder diesen Zustand erreichen.

Wie hat man diesen Flow gemessen?

Mihaly Csikszentmihalyi hat seine Probanden mit einem kleinen Gerät (etwa einem PDA) ausgestattet, in de sie in gewissen zeitlichen Abstände ihre aktuellen Zustand und eine Bewertung abzugeben. Und dabei ist eben aufgefallen, dass die Menschen, die in eine Aufgabe vertieft waren, die ganz bei den Dingen waren, eine deutlich positivere Bewertung ihres Allgemeinzustandes abgeben. Man kann heute im Gehirn-Scanner zeigen, dass immer wenn wir uns auf eine Sache konzentrieren und darin voll und ganz aufgehen, dass dann die Bereich, die für das Grübeln im Gehirn zuständig sind inaktiver sind.

Was haben wir davon?

Ein wichtiger Leitsatz ist: Flow entsteht durch eine Aktivität. Rumsitzen und auf den Flow zu warten funktioniert nicht. Wir müssen aktiv werden um überhaupt in so einen Flow zu kommen. Was man machen muss, dass weiß jeder sicher für sich selbst am besten. Und die Aktivität ist sowieso der beste Schutz gegen eine aufkeimende Herbstmelancholie.

Mitdiskutieren: Was bringt den Flow zum laufen? auf Facebook. (Anmerkung in eigener Sache: die Registrierung auf dieser Seite habe ich abgeschaltet, nachdem die ersten 100 Registrierer alles Spammer waren. Der RSS-Feed funktioniert aber.)

Diskussion und Talkabende

Geht Ihnen beim Talk das Durcheinander auch auf den Wecker? Immer wieder fällt der Eine dem Anderen ins Wort. Kommt dabei was rum? Werden auf diese Art Meinungen verändert? Bei den Teilnehmern wohl eher nicht. Aber wir ist das eigentlich mit dem Zuhören? Können wir Menschen zuhören? Was passiert eigentlich wenn jemand eine Meinung hört, die ihm nicht passt? Lauscht er dann den Argumenten? Um das zu erforschen hat man ein paar einfache Experimente gemacht:

Kann man die Wirkung von Meinungen beobachten?

Schon vor Jahren konnte man mit einem EEG ein Signal ziemlich oben am Kopf abgreifen, das den Namen n400 bekam. n400 heißt es deswegen, weil man dort etwa 400 Millisekunden nachdem das Gehör etwas Unpassendes gehört hat eine Signalveränderung messen kann. Der Satz: „Die Pizza war zu heiß zum Fliegen.“ würde eine solche Reaktion bei „Fliegen“ herausfordern.

Nun hat man Menschen mit Werte-Aussagen getestet. Was man beobachtete, war eine klares Signal nach etwa 400 ms – wie erwartet. Aber noch etwa 200 ms vorher gab es ein erstes (schwächeres) Signal der Ablehnung. In dieser kurzen Zeit kann das Gehirn die Bedeutung (den Sinngehalt) des gehörten Satzes noch gar nicht entschlüsselt haben! Mit anderen Worten: die Ablehnung besteht schon bevor wir inhaltlich begriffen haben was der Andere ausgesagt hat. Diese Ablehnung hat nichts mit der Person zu tun. Andere Sätze mit neutralem Inhalt zeigen diese Reaktion nicht.

Fazit – oder: wie kann man besser miteinander reden?

Wir reagieren emotional schon auf uns missfallende Aussagen, bevor unser Bewusstsein diese richtig entschlüsselt hat. Es ist also davon auszugehen, dass wir auf Argumente nur dann angemessen reagieren können, wenn wir Zeit zum Überlegen haben. Ein Tipp für Plasberg und sein „Hart aber fair“ wäre Rederecht zu vergeben und dann 3 Sekunden Pause einzulegen und dann erst das Rederecht weiterzugeben. Für die Macher einer Sendung die wirklich was bewirkt wäre dieses eine gute Basisidee für ein Konzept.

Merkregel für eine gute Diskussion (gilt für alle Teilnehmer): Erst verstehen, dann verstanden werden.

Mediatoren nutzen übrigens in Vermittlungen einen einfachen Trick: Sie schreiben auf ein Kärtchen „Wort“. Wer das „Wort“ hat, der darf reden. Wer reden will, der bittet um das „Wort“. Ich habe das Wunder dieses „Wort“-Kärtchens schon oft in Streitgesprächen beobachtet. Unbedingt ausprobieren! Über ein Feedback würde ich mich auf Facebook freuen.

Quelle: Manfred Spitzer – Geist & Gehirn: Ethik im Gehirn

Sind Menschen fair?

Ein Experiment: Zwei Personen die sich nicht kennen werden zu einem Spiel eingeladen. Einer der beiden bekommt vom Spielleiter 10 €. Seine Aufgabe ist es dieses Geld so zu aufzuteilen, dass der Andere mit der Entscheidung einverstanden ist. Natürlich dürfen die beiden das nicht aushandeln. A muß entscheiden wieviel B bekommt. Die zweite Regel: Wenn B nicht einverstanden ist mit der Verteilung, dann verlieren beide das Geld. Ansonsten können sie es mitnehmen.

Der Mensch ein rationaler Egoist?

Homo homini lupus – sagen die Pessimisten unter den Menschen (in etwa: der Mensch ist des Menschen Feind). Adam Smith, einer der Urväter der Volkswirtschaftslehre würde sagen: wenn jeder an sich denkt ist an jeden gedacht. Der Homo oeconomicus würde also als A nur einen kleinen Betrag hergeben. Schon wenn der Andere (B) 1 Cent bekommt, dann hätte er mehr als vorher und würde wohl oder übel zustimmen. So würde das nach der reinen Lehre des rationalen Egoismus laufen.

Aber das Expierment geht anders aus: Angebote unter 30% (also weniger als 3 Euro) wurden in der Regel von B abgelehnt, obwohl beide dann leer ausgehen. Die Mehrheit entscheidet sich aber bei diesem Spiel von sich aus für 50/50 und das wird in der Regel immer vom Anderen akzeptiert. Der erste Einwand mag lauten: 10 € ist nicht viel Geld. Schon in den 90er Jahren wurde das Spiel mit größeren Geldsummen (bis zu 3 Monatseinkommen) mit russischen Studenten gespielt – mit dem gleichen Ergebnis.

Ist der Mensch nun fair, edel, hilfreich und gut?

Zunächst ist zu sagen, dass nicht alle 50/50 vorgeschlagen haben. Es ist nur ein statistisches Ergebnis. Traue Deinem Nächsten? Nur etwa 40% zeigten Fainess. Wer zufällig an einen der Anderen (ca. 60%) gerät, muß mit einer gewissen Unfairness rechnen. Und natürlich ist eine Laborversuch immer eingeschränkt. Der Spielleiter schaute ja schließlich zu um das Ergebnis zu dokumentieren. Ob das anders so genauso wäre? Was wenn zwei Personen gelichzeitig 10 € finden. Würden Sie dann teilen oder sich streiten, wer es zuerst gefunden hat und es behalten darf?

Was bringen dann solche Experimente?

Gerade die Neurowissenschft ist heute auf einem Stand kindlicher Entdeckungsreisen. Mit den neuen bildgebenden Verfahren (fMRT) kann man dem Hirn beim Denken zusehen. Eigentlich kann man nur sehen, welche Bereiche im Gehirn aktiv sind. Und diese Bereiche sind auch bei jedem Menschen im Gehirn immer an der gelichen Stelle. Bei diesem Experiment sind zwei Bereiche aktiv: eines ist der Bereich der für rationale Entscheidungen zuständig ist (also der Teil der B sagt: „Nimm das Geld. Egal wie viel. Besser als garnichts.“ und der andere ist ein Bereich, der bei jeweder Form von Schmerz aktiv wird (egal ob physischer oder psychischer Schmerz). Wenn wir weniger als die Hälfte bekommen, dann führt diese Ungerechtigkeit zu einem Schmerzemfinden. Überwiegt unser emotionales Schmerzemfinden, dann lehnen wir ab – überwiegt die rationale Überlegung, dann nehmen wir an. Dieses inneren Ringen sollte niemanden überraschen. Einzig, die Meßbarkeit macht dieses Ringen im Kopf sichtbar. Langfristig hofft man natürlich auf Modelle, die im Kopf die Vorgänge klarer machen. Ein kleines Beispiel was uns die Neurowissenschaft schon heute helfen könnte kommt im meinem nächsten Blog: Diskussion und Talkabende