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Jammerfasten?!

Es ist Fastenzeit und da kann man mal mit lästigen Gewohnheiten brechen. Eine Bekannte erzählte mir gestern, dass sie komplett auf Alkohol verzichtet. Da fiel mir ein Klient ein, der permanent etwas zu meckern hat. „Das Wetter ist schlecht.“ „Heute ist es zu warm.“ „Die U-Bahn ist mir vor Nase weggefahren.“ „In der nächsten gab es keinen Sitzplatz.“ Man kennt das. Das passiert jeden von uns mal, dass wir mit etwas nicht zufrieden sind.

Dauerjammern gefährdet die Gesundheit

Jammern ist mal hilfreich, um eine Entladung zu erreichen. Wer aber häufiger jammert, der beeinflusst damit sein Gehirn dauerhaft. Unser Gehirn findet Gefallen an der dauerhaften Entladung. Leider wird es dadurch auch immer besser solche Situationen zu finden. Und Plötzlich werden die Anlässe immer kleiner bei denen man „aus der Haut fährt“.

Dauerjammern macht krank. Durch die ständige Konfrontation mit negativen Dingen verändert sich unser Gehirn und unser Handeln und damit auch unsere Umgebung. Wir werden in unserer Grundstimmung immer negativer. Einige Freunde ziehen sich zurück und andere (falsche?) Freunde, die diese Stimmung auch gerne verbreiten treten verstärkt auf den Plan. Wir lassen zu, dass sich unsere Psyche unbewusst verändert.

Jammer-Fasten?

Viele wollen doch in der Fastenzeit auf eine Gewohnheit verzichten um dadurch wieder mehr Lebensfreude zu gewinnen. Warum nicht mal beim Jammern eine Fastenzeit einlegen?

Ich weiß, nicht Jammern ist ähnlich schwer wie nicht Essen oder keinen Alkohol trinken. Aber ein solches Fasten halten wir ja auch nur mit „Tricks“ durch. Wir schließen das Essen weg oder wir machen einen längeren Spaziergang, wenn wir das Fasten gebrochen haben.

Welche Tricks haben wir denn um nicht zu jammern?

Man kann nicht nicht jammern. Wir müssen dem Jammer proaktiv entgegen wirken. Drei kleine Tipps:

  1. Jeden Abend erinnern wir uns während des Jammerfasten an drei positive Erlebnisse des Tages, die wir aufschreiben. Das ist für den Profi-Jammerer schwer. Aber wenn wir uns das fest vornehmen, dann wird das unser Denken durchdringen und schon nach wenigen Tagen werden wir nach den positiven Erlebnissen des Lebens stochern und diese mehr und länger würdigen. Damit wird dem Jammern der Raum genommen. Wie das geht steht in diesem Link.
  2. Öfter mal eine Freude bereiten. Man kann ganz bewusst anderen (und damit auch sich selbst) eine Freude machen. Man kann jemanden an der Kasse vorlassen oder jemanden die Tür aufhalten. Ein Kompliment für eine gute Leistung (statt nur Abwesenheit von Kritik).
  3. Sich selbst mehr und intensiver beobachten. Steigern wir die Achtsamkeit unseres eigenen Handelns, in dem wir uns kleine Erinnerungen setzten. Drei- oder mehrmals am Tag lassen wir uns durch einen elektronischen Wecker/unseren Kalender daran erinnern, dass wir achtsam sein wollen. Einfach diese Termine „mit sich selbst“ am Morgen in den Kalender eintragen und dann bewusst 5 Minuten Zeit nehmen für sich selbst zu sein und damit den Alltagstrott durchbrechen

Die Fastenzeit beginnt am 1.3.2017 und endet am 15.4. Das sind die perfekten 6 Wochen, die man benötigt um eine Verhaltensveränderung zu erreichen. Und wenn sich ihre Umgebung wundert, warum sie so verändert sind, dann antworten sie doch einfach: „Vielleicht liegt es daran, dass ich faste.“

Dankbarkeit und Vergebung

Martin Seligman ließ seine Studenten einen Brief schreiben. Die eine Hälfte sollte jemand, dem sie dankbar sind einen Brief schreiben in dem diese Dankbarkeit zum Ausdruck kam. Die andere Gruppe sollte einfach nur einen Brief schreiben.

Man ahnt es schon: die dankbaren Briefschreiber waren hinterher zufriedener. Und am besten wirkt das alles, wenn man den Brief dem Empfänger nicht schickt, sondern ihn besucht und ihm vorliest. Seitdem gibt es diese Dankbarkeitsübung in fast jedem Ratgeber für positive Psychologie. Wer jetzt Lust verspürt: einfach loslegen. Mehr Anweisung braucht man nicht.

Damit könnte dieser Blog schon fertig sein, wenn ich selbst nicht immer wieder daran gescheitert wäre. Es gibt sicher viele Menschen, denen ich dankbar bin. Ich wäre nicht ich, wenn es einige von denen nicht gegeben hätte. Aber das sind eine Vielzahl von Personen und keine sticht besonders hervor.

Und so habe ich immer wieder mit dieser Übung gehadert – bis vor ein paar Wochen. Ich hatte einen wirklich tollen Urlaub mit meiner Frau in Dänemark. Eine Woche sind wir spazieren gegangen, haben die Sauna genutzt und den Ofen nach jeder Wanderung eingeheizt. Es war romantisch, harmonisch, einfach fantastisch. Klar war ich dankbar für dieses Erlebnis.

Und ich musste an all die Menschen denken, die mich auf dem Weg dorthin begleitet haben. Und natürlich sind mir dann auch sofort wieder Menschen eingefallen, die mir nicht so wohlgesonnen waren. Einige (wie ich später herausfand) haben aktiv gegen mich gearbeitet. Aber wenn sie das nicht gemacht hätten? Wäre ich dann hier? Hätte ich womöglich nicht gekündigt und wäre immer noch in dem Hamsterrad?

Es ist müßig, dieses hätte … und wäre … Es führt zu keinem sinnvollen Ergebnis. Aber sicher ist doch, ich wäre nicht dort, wenn ich nicht auch diese Neider gehabt hätte. Und plötzlich kam mir ein weiteres Konzept der positiven Psychologie in den Sinn: Vergebung. Auch das hatte ich nie richtig für mich umsetzten können.

Plötzlich machte auch Vergebung einen Sinn. Ich kann das Verhalten gewisser Leute zwar immer noch nicht verstehen. Ich billige es auch weiterhin nicht wie sie mich behandeln. Aber ich konnte plötzlich leichter damit umgehen. Dankbarkeit für mein Leben und Vergebung für alle, die versucht haben, mir das Leben schwer zu machen. Auf einmal fühlte es sich leichter an.

Der Urlaub ist schon seit Wochen vorbei. Aber diese beiden Gefühle geben mir seitdem noch mehr Kraft. Und wie ist es mit Euch?

Achtet doch mal auf die Dinge des Lebens, für die Ihr dankbar seid. Sie passieren jeden Tag. Und nur die Summe der Ereignisse haben einen dorthin gebracht. Und damit auch die Summe der Menschen, denen man begegnet ist – im Guten wie im Schlechten. Und wem nichts einfällt: einfach mal durch die Fotos des Jahres stöbern, die sich so angesammelt haben. Viele tolle Erlebnisse, die wir schon wieder vergessen haben.

Mit diesen versöhnlichen Worten werde ich diesen Blog für dieses Jahr beenden. Allen Lesern und Leserinnen wünsche ich eine geruhsame Zeit und ein erfolgreiches Neues Jahr.

Growth Mindset?

Wenn Sie im Unternehmen bereits von „Growth Mindset“ gehört haben, können Sie abkürzen und weiter unten weiterlesen, wenn das bespreche.

Hier erst einmal der Versuch einer Erklärung:

Carol Dweck ist eine Psychologin an der Stanford Universität. Sie beschäftigt sich damit, warum Menschen erfolgreicher sind und warum nicht. Im Grunde hat sie den Unterschied in der Einstellung der Menschen entdeckt. Sie unterteilt Menschen in diejenigen, die ein wachstumsorientiertes Denken haben und diejenigen, die eher ein statisches Denken haben.  Das verwundert nun nicht besonders: wer sich sicher ist, dass man alles erlernen kann, der wird vieles lernen. Wer glaubt, dass Lernen nicht viel bringt, der tut sich schwer. Wer sich anstrengen kann, wer sich in eine Sache reinhängt, der hat eine hohe Chance, dass er (oder sie) es schafft. Oder kürzer gesagt, der Wille zum Erfolg ist ein wichtiger Anteil am Erfolg.

Es geht um das Lernen

In der Industrie wird der Begriff „Growth Mindset“ gerne aufgenommen. Jedes Unternehmen meint mit Wachstum allerdings die Unternehmenszahlen. Was Carol Dweck eigentlich gesagt hat ist, dass die Einstellung hilft Lernprozesse zu befruchten. Es ging Carol Dweck in erster Linie m Schulkinder und deren Einstellung zum Lernen. Es ging also um das eigene Wachstum durch eine Liebe zum Lernen.

In der Industrie sind die Schlagworte angekommen. Es geht um Selbst-Begrenzung oder grenzenloses Wachstum. Und damit verkommt diese wissenschaftliche Erkenntnis wieder zum reinen Tschaka-Coaching. Die Umsatz-Zahlen stimmen nicht, dann stimmt es wohl mit den Gedanken nicht – die stehen nicht auf Wachstum.

Nachdem Carol Tweck die meiste Zeit ihres Forscherlebens damit verbracht hat, das Lernverhalten und die Motivation von Kindern und Jugendlichen zu erforschen, hat sie seit einer Veröffentlichung im Jahre 2006 vermehrt Anfragen der Industrie bekommen und hat Ihre Forschung auf Unternehmen ausgedehnt.

Korrelation und Kausalität

Optimismus und Erfolg korrelieren – das ist eine Binsenweisheit. Aber wo ist der Zusammenhang? Gestern war bei „Wer wird Millionär“ ein fröhlicher Pädagoge, der in einem Berliner Kinderladen arbeitete. Er verspielte schnell alle Joker. Und nach dem 50:50 Joker hatte er noch zwei Auswahlmöglichkeiten auf die 4.000€. Er spielte trotzdem und wählte die falsche Antwort. Mit dem Gewinn von 500€ zog er fröhlich davon.

Und da kam mir wieder die Frage hoch: reicht eine optimistische Einstellung um Erfolg zu haben? Die Antwort ist: Nein. Wir wissen, dass zum Erfolg weitere Faktoren gehören. Eine gute Gelegenheit benötigt man ebenfalls. Ein gewisses Können könnte auch nicht schaden. Aber diese Faktoren lassen sich nicht so einfach herbei managen.

Glück ist das Zusammentreffen von Gelegenheit und guter Vorbereitung.

Klar hilft es, wenn man in Gedanken sich auf einen Kundenauftritt gut vorbereitet. Aber ist das neu? Statt nach den Faktoren zu suchen, sollte die Psychologie mehr Anstrengung investieren, wie man Motivation und Optimismus stärkt. Daran arbeite ich als Coach und da reicht es nicht einfach nur das wissenschaftlich zu belegen, dass eine solche Einstellung hilft. Es ist ein nettes Zusatzargument. Aber ein Vertriebsmitarbeiter, der in einem schwierigem Umfeld arbeitet, der wird mit noch mehr Optimismus wohl auch nicht einen Euro mehr beim Kunden erzielen und muss sich dann noch anhören, er habe kein „Growth Mindset“. Das kann dann auch Optimisten frustrieren.

In diesem Sinne: man sollte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht überdehnen. Aber vielleicht brauchen die Unternehmensführer solche Floskeln um mit neuer Wortwahl zu sagen: „Ihr strengt Euch nicht genug an.“ Womit wir beim Kern des Problems sind. De-Motivation. Aber dazu mehr in einem späteren Blog.