Alle Beiträge von Ralph Machholz

Growth Mindset?

Wenn Sie im Unternehmen bereits von „Growth Mindset“ gehört haben, können Sie abkürzen und weiter unten weiterlesen, wenn das bespreche.

Hier erst einmal der Versuch einer Erklärung:

Carol Dweck ist eine Psychologin an der Stanford Universität. Sie beschäftigt sich damit, warum Menschen erfolgreicher sind und warum nicht. Im Grunde hat sie den Unterschied in der Einstellung der Menschen entdeckt. Sie unterteilt Menschen in diejenigen, die ein wachstumsorientiertes Denken haben und diejenigen, die eher ein statisches Denken haben.  Das verwundert nun nicht besonders: wer sich sicher ist, dass man alles erlernen kann, der wird vieles lernen. Wer glaubt, dass Lernen nicht viel bringt, der tut sich schwer. Wer sich anstrengen kann, wer sich in eine Sache reinhängt, der hat eine hohe Chance, dass er (oder sie) es schafft. Oder kürzer gesagt, der Wille zum Erfolg ist ein wichtiger Anteil am Erfolg.

Es geht um das Lernen

In der Industrie wird der Begriff „Growth Mindset“ gerne aufgenommen. Jedes Unternehmen meint mit Wachstum allerdings die Unternehmenszahlen. Was Carol Dweck eigentlich gesagt hat ist, dass die Einstellung hilft Lernprozesse zu befruchten. Es ging Carol Dweck in erster Linie m Schulkinder und deren Einstellung zum Lernen. Es ging also um das eigene Wachstum durch eine Liebe zum Lernen.

In der Industrie sind die Schlagworte angekommen. Es geht um Selbst-Begrenzung oder grenzenloses Wachstum. Und damit verkommt diese wissenschaftliche Erkenntnis wieder zum reinen Tschaka-Coaching. Die Umsatz-Zahlen stimmen nicht, dann stimmt es wohl mit den Gedanken nicht – die stehen nicht auf Wachstum.

Nachdem Carol Tweck die meiste Zeit ihres Forscherlebens damit verbracht hat, das Lernverhalten und die Motivation von Kindern und Jugendlichen zu erforschen, hat sie seit einer Veröffentlichung im Jahre 2006 vermehrt Anfragen der Industrie bekommen und hat Ihre Forschung auf Unternehmen ausgedehnt.

Korrelation und Kausalität

Optimismus und Erfolg korrelieren – das ist eine Binsenweisheit. Aber wo ist der Zusammenhang? Gestern war bei „Wer wird Millionär“ ein fröhlicher Pädagoge, der in einem Berliner Kinderladen arbeitete. Er verspielte schnell alle Joker. Und nach dem 50:50 Joker hatte er noch zwei Auswahlmöglichkeiten auf die 4.000€. Er spielte trotzdem und wählte die falsche Antwort. Mit dem Gewinn von 500€ zog er fröhlich davon.

Und da kam mir wieder die Frage hoch: reicht eine optimistische Einstellung um Erfolg zu haben? Die Antwort ist: Nein. Wir wissen, dass zum Erfolg weitere Faktoren gehören. Eine gute Gelegenheit benötigt man ebenfalls. Ein gewisses Können könnte auch nicht schaden. Aber diese Faktoren lassen sich nicht so einfach herbei managen.

Glück ist das Zusammentreffen von Gelegenheit und guter Vorbereitung.

Klar hilft es, wenn man in Gedanken sich auf einen Kundenauftritt gut vorbereitet. Aber ist das neu? Statt nach den Faktoren zu suchen, sollte die Psychologie mehr Anstrengung investieren, wie man Motivation und Optimismus stärkt. Daran arbeite ich als Coach und da reicht es nicht einfach nur das wissenschaftlich zu belegen, dass eine solche Einstellung hilft. Es ist ein nettes Zusatzargument. Aber ein Vertriebsmitarbeiter, der in einem schwierigem Umfeld arbeitet, der wird mit noch mehr Optimismus wohl auch nicht einen Euro mehr beim Kunden erzielen und muss sich dann noch anhören, er habe kein „Growth Mindset“. Das kann dann auch Optimisten frustrieren.

In diesem Sinne: man sollte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht überdehnen. Aber vielleicht brauchen die Unternehmensführer solche Floskeln um mit neuer Wortwahl zu sagen: „Ihr strengt Euch nicht genug an.“ Womit wir beim Kern des Problems sind. De-Motivation. Aber dazu mehr in einem späteren Blog.

Am 17. Und 18.9. fand an der FU Berlin der 1. Kongress des DACH-PP e. V. (des deutschsprachigen Dachverbands für positive Psychologie) statt. Ein Kurzbericht:

Eigentlich muss man schon bei der Organisation beginnen. Wenn man den Ressourceneinsatz bedenkt (eine Person aus der Geschäftsstelle, die als Mastermind das alles gestemmt hat), dann ist schon die perfekte Organisation zu würdigen.

2016-09-18-16-33-10An beiden Tagen gab es zentrale Keynotes für alle im Wechsel mit bis zu 4 parallelen Tracks, die spezielle Themen aufgegriffen haben.

Ein übergreifendes Thema war dabei, dass die Methoden (Interventionen) der positiven Psychologie durch die Forschung gesichert sind. Der Name „Positive Psychologie“ beflügelt immer wieder die Kritiker, die hier die Nähe zur Esoterik wittern.

Für mich als Anwender der positiven Psychologie in meinem Coaching ist es extrem wichtig, dass die Methoden in der Wirksamkeit wissenschaftlich gesichert sind.

In diesem Sinne war es sehr hilfreich zu hören, dass renommierte Universitäten auch in Deutschland daran forschen, wie man das Wohlbefinden des Menschen steigern kann.

Warum Unternehmen zuhören sollten:

In vielen Keynotes wurde darauf hingewiesen, dass eine wertschätzende Kommunikation positiven Einfluss auf die Produktivität hat. Denn das soziale Klima ist in einem Unternehmen entscheidend für den Erfolg. Einige Unternehmen waren als Zuhörer durch Vertreter der Personalabteilung dabei. Das macht mir Hoffnung. Wenn diese Botschaft – wissenschaftlich fundiert – in den Unternehmen ankommt, dann ist das gut für Mitarbeiter und das Unternehmen.

Dabei wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter, die im Kontext des Unternehmens nicht mehr mithalten können anders behandelt werden müssen. Es macht eben viel mehr Sinn im Vorfeld auf Probleme einzugehen, als am Ende einen Langzeitkranken im Unternehmen zu haben, der das Betriebsklima weiter absenkt.

In den kommenden Wochen, wenn die Vorträge mir zur Verfügung stehen, werde ich über einzelne Vorträge noch gesondert berichten. Bis dahin nur erst einmal dieser positve Ausblick auf die „Positive Psychologie“.

Alles wird gut! Wirklich?

Kennen Sie das? Man ist krank und dann kommen die „frommen Wünsche“: Alles wird wieder gut! Ich hatte eine Sommergrippe. Klar geht die wieder weg. Aber was nützt dann dieses „Alles wird wieder gut.“ Und wenn es ein ernsthafteres Problem ist, dann wird es vielleicht anders. Aber ob ich das neue „Anders-Sein“ dann gut finde?

Ist das nicht positive Psychologie?

Wenn ich dann über den „frommen Wunsch“, dass alles gut wird, mich so offensichtlich nicht übermäßig freue, dann kommt oft die Frage auf: „Aber Du redest doch von positiver Psychologie. Wirkt das bei Dir nicht?“

Kurzum: Nein, das ist nicht positive Psychologie. Das ist positives, optimistisches Denken. Optimismus nicht jedermanns Ding. In einer persönlich als belastend empfundenen Situation kann ein optimistischer Ausblick helfen. Er kann aber auch unangenehm sein, weil man gerade mehr auf Trost und Zuneigung aus ist.

Positives Denken ist ein Teil des „Methodenkoffers“, den die Positive Psychologie hat.  Man kann sein Leben besser gestalten, wenn man sich regelmäßig mit positiven Botschaften selbst beglückt. Unser Gehirn wird ständig mit Informationen von außen getriggert. Unsere internen Muster lassen uns ständig an etwas Denken. Wir können das Denken nicht ausschalten, aber wir können es lenken. Wenn wir uns also mit einem positiven Gedanken (beispielsweise eine Affirmation) beschäftigen.

Wo ist der Unterschied, ob ich mich mit einer Affirmation beschäftige oder mir jemand „fromme Wünsche“ wünscht? Ganz klar: das eine ist eine bewusste Entscheidung von mir selbst. Das Andere ist vom Anderen mir aufgesetzt. „Kein Coaching ohne Auftrag“ war ein Spruch, den ich mir als Coach schnell zu eigen gemachte habe. Gilt aber auch für alle Anderen: erst einmal sondieren, was mein Gegenüber will und nicht ungefragt kluge Ratschläge geben, die mein Gegenüber in seiner aktuellen Situation wie Hohn vorkommen und eher missgelaunter stimmen.

Wie kann Positive Psychologie helfen?

Die Positive Psychologie ist eine Ergänzung zur bisherigen Psychologie, die sich nur mit der Heilung von Defiziten beschäftigt hat (Depression, Neurosen, etc.). In der Positiven Psychologie geht es darum, Faktoren zu identifizieren, die das psychische Wohlbefinden des Menschen steigern. Dazu hatte ich in meinem letzten Blog „Wie steht es mit dem persönlichen Wohlbefinden?“ schon einiges geschrieben.

Frankl - HumorWenn man selbst mit den Gedanken der Positiven Psychologie etwas vertraut ist, dann braucht es trotzdem Einfühlungsvermögen in die Welt des Anderen. Wenn der Andere gerade im Modus „ich-will-bedauert-werden“ ist, dann überlegen Sie mal was ihnen aus so einem Loch heraus hilft. Ich setze da gerne auf Humor. Eine witzige Bemerkung und mit einem kurzen Lachen ist der erste Schritt auf dem Weg aus dem Loch oft ganz leicht passiert. Das ist zwar kein orginärer Ansatz der Positiven Psychologie. Humor gehört zu jeder Therapie, davon war Viktor Frankl, ein Wegbereiter der Psychotherapie stets überzeugt.

Und mit der Idee etwas Humor in das Leben der Anderen zu bringen möchte ich es erst mal bewenden lassen in diesem Blog. Lachen ist gesund – so neu ist das nicht – aber immer wieder lässt sich die Wirksamkeit neu zu erleben.