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Glücklicher im Hier und Jetzt!

In diesem Blog stelle ich ein Forschungsergebnis der sogenannten Glücksforschung vor, das kurz und prägnant ist.

Glück? Zufriedenheit? Happiness!

Die Glücksforschung hat ein Problem: Was ist denn eigentlich „Glück“? Interkulturell und vor allem sprachübergreifend wird es noch komplizierter. Die Amerikaner sprechen von „happiness“ im Gegensatz zum „luck“. Nun passt im Deutschen das glückliche Leben eher zu „happiness “ und das Lotto-Glück eher zu „luck“.

Aber die amerikanischen Wissenschaftler machen es sich da einfach: auf der Seite „Track your happiness“ kann man entweder auf der Website oder per iPhone-App seine Befindlichkeit äussern. Eine Frage ist dabei: „How do you feel right now?“ und man kann einen Schieberegler zwischen „Very bad“ und „Very good“ frei bewegen. Und dann fragt man auch danach, ob sie derzeit auf das aktuelle Tun konzentriert sind oder an etwas Anderes gedacht haben. Im letzteren Falle hat man noch genauer gefragt, ob man an etwas Schönes, Neutrales oder Unschönes gedacht hat.  Ausserdem kann man aus einer reichhaltigen Liste von Möglichkeiten auswählen, was man aktuell gerade gemacht hat.  Das ist schon alles. Gerade mittels der App kann man die Teilnehmer immer wieder auffordern aktuell seinen aktuellen Stand mitzuteilen. In diesem Falle hatte man über 650.000 einzelne Befragungen von 15.000 Personen aus über 80 Länder gesammelt und vor allem auch mit einer großen Verteilung über Faktoren, wie Einkommen, Familienstand, Alter, Bildung, etc.

Glücklich im Hier und Jetzt

Das Ergebnis ist eindeutig: Wer gerade auf die aktuelle Aufgabe konzentriert ist, legt den Schieberegler im Durchschnitt auf ungefähr 66. Wer gerade in Gedanken woanders war, der liegt nur bei 57. Das ist 9%-Punkte niedriger. Warum ist das so? Nimmt man die Unterteilung nach dem Unschönen, Neutralen und Schönen hinzu, dann zeigt sich ein erstaunliches Ergebnis:

Wir sind nur bei 42 auf der Skala, wenn wir an Unschönes denken und bei 58, wenn wir an etwas Neutrales denken. Selbst wenn wir an etwas Schönes denken sind wir noch 1%-Punkt niedriger in der Skala. Mit anderen Worten, wer seine aktuelle Aufgabe erledigt und mit den Gedanken ganz bei der Sache ist, der ist glücklicher. Ein weiterer Fakt ist in den Daten versteckt. Neutrales (58) liegt ja etwa auf den Durchschnitt (57). Wenn wir abschweifen, dann denken wir doppelt so oft an etwas Unschönes.

Korrelation oder Ursache->Wirkung?

Eine spannende Frage ist allerdings immer ob dieser Zusammenhang von abschweifenden Gedanken und Unzufriedenheit eine Ursache -> Wirkung darstellt. Schweifen wir ab und werden unglücklich oder sind wir unglücklich und schweifen dann ab? Hier kann das Experiment auch eine Antwort geben, denn man hat ja mehrere Momentaufnahmen, die man aneinanderreihen kann. Wer abschweift wird mit hoher Wahrscheinlichkeit beim nächsten Mal unglücklicher sein. Umgekehrt gibt es keinen Zusammenhang zwischen weniger glücklichen Momentaufnahmen und einem Abdriften der Gedanken beim nächsten Mal.

Dieses Experiment unterstützt einmal mehr die verschiedene anderen Ergebnisse der Forschung zum Thema „happiness“. Mihaly Csikszentmihalyi hat seine Theorie zum  „Flow“ genau daran festgemacht. Neben einigen anderen Faktoren gehört es auch, sich auf das Tun zu konzentrieren. Und viele Entspannungsübungen zielen auf die Konzentration auf eine bestimmte Sache ab (beispielsweise, wenn man sich nur auf den eigenen Atem konzentriert).

Was bedeutet das?

Je mehr wir bei der Sache sind, desto besser fühlen wir uns. Das bedeutet sicher nicht, dass wir nicht mehr in die Zukunft planen sollen oder aus der Vergangenheit nichts mehr lernen. Es kann aber für die eigene Psyche ausgesprochen hilfreich sein, wenn man sich öfter auf die aktuellen Dinge konzentriert. Und weil gerade das Duschen eines der Gelegenheiten ist, wo wir am ehesten abschweift, kann man beim nächsten Mal vielleicht das Duschen als solches geniessen. Kleinere Konzentrationsübungen helfen uns über den Tag bei der Sache zu bleiben. Besonders interessant ist es mal zu probieren, wie man das Essen der Kantine wahrnimmt, wenn man sich auf den Geschmack konzentriert, denn normalerweise nehmen wir unseren Geschmackssinn nur wahr, wenn etwas nicht schmeckt. Je mehr Momente des Gewahrwerdens was jetzt gerade ist, die wir in unser Leben einbauen, desto zufriedener werden wir.

Grundlage dieses Blogs ist eine TEDxCambridge-Vortrag von Matt Killingsworth.

Am Rande der Realität

Achtung! Eine Warnung vor dem Weiterlesen: dieser Blog kann Zweifel über die Leistungsfähigkeit des Gehirns hervorrufen. Auf der positiven Seite: wenn Sie diesen Blog aufmerksam lesen und verstehen, dann kann es helfen das eigene Handeln und das der Anderen besser zu verstehen.

Problem 1: Selektive Aufmerksamkeit

Es geht mir nochmal um das Thema Realität. Das Sie diesen Blog gerade lesen ist sicher Realität. Das passiert jetzt und ist damit auch Teil Ihrer Wirklichkeit. Da sollte es keine zwei Meinungen darüber geben. Bevor Sie nun weiterlesen schauen Sie doch kurz ein Video an. Es geht um Aufmerksamkeit und Sie sollen die Ballkontakte der Mannschaft in Weiß zählen. Erst ansehen und dann weiterlesen!

Wenn Sie das Video schon kennen oder zu denen gehören, die beim ersten Betrachten meinen alles bemerkt zu haben, dann versuchen Sie die Farbversion.

Daniel Simons und sein Team haben darüber ein ganzes Buch geschrieben: Der unsichtbare Gorilla: Wie unser Gehirn sich täuschen lässt. Dieses Aufmerksamkeits-Problem hat nichts mit Übersehen zu tun. In einem Test der Uni Darmstadt hat man Probanden so genannte Eye-Tracker-Brillen aufgesetzt und festgestellt, dass diejenigen, die den Gorilla bemerkt haben in Summe etwa eine Sekunde Zeit auf den Anblick verwendet haben. Diejenigen, die den Gorilla nicht bemerkt haben, haben in etwa genauso lange auf den Gorilla gesehen – etwa eine Sekunde! Der Gorilla wurde also von beiden gesehen, aber bei einigen erreichte er in der Verarbeitung im Gehirn nicht soviel Aufmerksamkeit.

In einem weiteren Versuch hat man Probanden vor dem Test darauf aufmerksam gemacht, dass es um Erinnerungslücken geht. Dann wurden ihnen 20 Worte vorgelesen, von denen 15 etwas mit einem Oberbegriff  (beispielsweise „Schlaf“) zu tun hatten. Manchmal war der Oberbegriff dabei und manchmal nicht.  Nach den 20 Worten wurden die Probanden befragt, ob der Oberbegriff enthalten war und viele  erinnerten sich falsch. Die Trefferquote der Probanden war extrem schlecht. Wir lernen den ersten Fehler unseres Gehirns kennen: wir nehmen die Realität nur bruchstückhaft wahr! Wir übersehen oder überhören vieles selbst wenn wir uns darauf konzentrieren.

Problem 2: Unbewusste emotionale Vorbearbeitung

Und das Gehirn hat noch mehr Überraschungen für uns: Probanden wurden an einem Tisch gesetzt auf dem eine Tüte Kartoffel-Chips stand und sie sollten ihre Vorfreude diese gleich verkosten zu können in einer Skala einordnen. Nach der Verkostung wurden sie nochmals befragt. Hinterher hatte alle ein relativ normal-verteiltes Ergebnis bei der Geschmacksbeurteilung. Die Beurteilung vorher zeigte deutliche Abweichungen. Man hatte die Probanden in zwei Gruppen geteilt. Bei der einen Gruppe lag „zufällig“ eine Schokolade neben der Tüte mit Chips und bei der anderen war es eine Büchse Dosenfleisch. Bei der Schokoladengruppe war die Vorfreude deutlich geringer (womöglich weil Schokolade nicht so mit Chips geschmacklich harmoniert). Das Dosenfleisch und die Schokolade hatten vordergründig nichts mit den Versuch zu tun – sie wurden mit keinem Wort erwähnt, lagen dort wie zufällig herum. Wer jetzt noch nicht glaubt, dass unsere Entscheidungen unterschwellig beeinflusst werden, für den habe ich noch einen kurzes Gedankenexperiment parat:

Stellen Sie sich vor, Sie wollen ins Theater gehen und haben die Karte für 20€ dabei und einen 20€ Schein. Vor dem Theater stellen Sie fest, dass Sie die Theaterkarte verloren haben. Kaufen Sie nun eine neue Karte mit dem verbleibenden 20€? Bevor Sie antworten, die gleiche Geschichte etwas anders: Sie stecken sich zwei 20€ Scheine ein, weil Sie ins Theater wollen. Die Theaterkarte kostet 20€. Am Theater stellen Sie fest, das Sie einen der beiden 20€-Scheine verloren haben. Kaufen Sie die Karte trotzdem? Und nun beurteilen Sie für sich, wo Ihnen die Entscheidung leichter gefallen ist. Ist es nicht ärgerlicher, dass man das Ticket zweimal kaufen muß? Aber eigentlich hat man doch nur ein Stück Papier im Werte von 20€  verloren. Und wenn Sie sich ertappt haben, das der Verlust des Tickets höher wiegt als der Verlust des Geldscheines, dann sind sie nicht allein. Ein einem Versuch hat man genau diese beiden Situationen mit zwei Gruppen getestet. Die Gruppe mit der verlorenen Karte hat deutlich weniger zum Kartenkauf tendiert als die Gruppe mit dem Geldscheinverlust.

Problem 3: Modifizierte Erinnerung

Diese beiden Beispiele habe ich dem Buch Ins Glück stolpern: Suche dein Glück nicht, dann findet es dich von selbst von Daniel Gilbert entnommen. Dort werden noch weitere Denkfehler im Gehirn aufgezeigt. In einer anderen Studie hat man Probanden Werbung vom Disneyland gezeigt auf den unteranderen auch Bugs Bunny als Plüschfigur in Disneyland gezeigt wurde. Danach wurden die Probanden nach ihren Disney-Erlebnissen befragt und unter anderem auch, ob sie dort Bugs Bunny (neben den anderen Disney-Figuren) selbst gesehen haben. Viele erinnerten sich lebhaft an die Begegnung auch mit Bugs Bunny und wie sie ihm die Hand schüttelten. Das Besondere ist: Bugs Bunny arbeitet für die Konkurrenz (Warner Bros.) und war deshalb noch nie in Disney! Es gibt ähnliche Experimente in denen Menschen mühelos über untergeschobene Erlebnisse fabulierten, die sie nie erlebt haben. Diese Menschen lügen aber nicht alle bewusst. Sie bauen sich stattdessen aus einzelnen Erinnerungen eine Story ihres Lebens.

Fazit 1: Nochmal (anders) darüber nachdenken

Unser Gehirn bekommt von dem, was um uns herum passiert nur Teile mit und diese werden bevor wir sie bewusst wahrnehmen schon mal emotional bewertet. Außerdem ist das Gehirn ein lausiger Biograph. Was kann man also tun? Eine einfache Botschaft lautet: Ein erkannter Fehler ist ein guter Fehler. Wenn wir uns das nächste Mal in eine Überzeugung verrannt haben, dann können wir darüber nachdenken, ob wir hier nicht auf dem Wege der Verfestigung unserer Überzeugung einen Fehler gemacht haben. Mit einer Prise Demut statt der Überheblichkeit alles besser zu wissen kommt man deutlich weiter.

Fazit 2: Realität im Dialog angleichen

Wir bauen unsere innere Illusion der Realität aufgrund dieser unvollständig und emotional gefärbten Interpretation von Aussensignalen und aufgrund von unbewusst modifizierten Geschichten aus unser Vergangenheit, die wir dann Erinnerung nennen, zusammen.  Andere machen das genauso, kommen aber zu anderen Ergebnissen. Im Dialog mit dem Anderen kann man nun diese Realitäten angleichen und nichts anderes machen wir, wenn wir uns unterhalten. Der Dialog ist die großartige Unterstützung, dass wir uns „am Rande der Realität“ aufhalten und nicht den Kontakt zur Wirklichkeit verlieren.

Und bei diesem Abgleich mit der Realität ist es hilfreich einen kritischen Partner für den Dialog zu haben. Manchmal meinen es die Freunde oder Familienangehörigen zu gut oder sind selbst befangen oder gefangen in derselben Betriebsblindheit. Dann lohnt sich immer der Weg zum Coach.

Zusammen allein?

Zum Osterfest möchte ich einen besinnlichen Blog-Eintrag schreiben und ich habe mich für eine Reflexion zum Vortrag von Sherry Turkle: Connected, but alone? entschieden.

Sherry Turkle (geb. 1948) ist Professorin für  Soziologie und hat sich sehr früh mit den Implikationen der neuen Computerwelt auseinandergesetzt. Unter anderem befasst sie sich mit dem psychologischen und menschlichen Aspekten, die durch die Kommunikation über neue Medien und und mit neuartigen sozialen Robotern, die mittlerweile in einigen Ländern getestet werden, entstehen.

Worum geht es?

Anfänglich war Sherry begeistert von den neuen Medien. Die Möglichkeit sozusagen künstliche, weitere Selbst seiner eigenen Persönlichkeit im Netz zu repräsentieren und auszuprobieren, könnte uns helfen besser im realen Leben zu agieren. Das ist auch so eingetreten. Wir entwickeln im Netz andere, weitere Fähigkeiten.

Was sich aber auch verändert sind die Fähigkeiten, die im Netz nicht so gefordert sind. „Diese Geräte verändern nicht nur was wir tun. Sie verändern wer wir sind.“ (Zitat@2:40) Sherry bemängelt, dass man nicht mehr voll bei der Sache ist: Wir gehen in ein Meeting und hören nur die Teile, die uns interessieren. Den Rest der Zeit sind wir in Facebook, etc. Dadurch sind wir zwar mit mehr Menschen in Verbindung – aber zwischenmenschlich eher einsam. Ein echter Dialog verlangt mehr und vor allem andere Fähigkeiten als der Chat über diese neuen Geräte.

Ein Dialog findet in realer Zeit statt, an einem realen Ort, mit einem realen Menschen und dessen realen Reaktionen – und vor allem dem eigenen Reaktionen. „Man hat keine echte Kontrolle, über das was man sagt.“  (Zitat@6:35). Ihr Ergebnis ist: die sozialen Medien und ihre Konversationsmöglichkeiten verdecken, eine „Schwäche“ des Menschen. Wir verwechseln Konversation mit „Connection“.  Wenn ich nur mit jemanden texte und nicht direkt spreche, dann kann ich „editieren“ und „löschen“. Damit werden unterbewusste Reaktionen leichter getilgt. Unser Selbst im Netz agiert sozusagen immer voll bewusst und kontrolliert (außer, wenn man sich unter dem Einfluss von Alkohol etc. uns an PC setzen).

Die Fähigkeit mit Anderen zu sprechen ist aber auch immer die Fähigkeit mit uns selbst zu sprechen. Verlieren wir diese Fähigkeit mit Anderen, dann verlieren wir die Fähigkeit sich mit uns selbst auseinanderzusetzen. „Wir erwarten mehr von der Technologie und weniger von uns selbst. Technologie begeistert uns am meisten, wo wir am verletzlichsten sind. Wir sind einsam denn für fürchten uns, zu intim zu werden.“   (Zitat@12:00)

Dialog bedeutet Nähe und Nähe bedeutet verletzbar zu sein. Technologie gibt uns „Die Illusion von Geselligkeit ohne die Anforderung einer (echten) Freundschaft.“ Unser Denken wird von drei Paradigmen beim Thema neue Medien beeinflusst.

  1. Wir können unsere Aufmerksamkeit überall hin lenken, wo immer wir sein wollen.
  2. Wir werden immer gehört.
  3. Wir werden nie alleine sein.

„Alleine sein fühlt sich wie ein Problem an, dass man lösen muss.“  Momente, in denen wir alleine sind, sind aber auch Momente der Ruhe, die uns erlauben, den inneren Dialog mit uns selbst zu führen. Wenn wir nicht mehr Zeiten der Ruhe für uns finden, dann finden wir auch keine Zeit mehr für uns und mit uns. Sherryl Turkle hat 1996 schon einmal auf einer TED-Konferenz gesprochen und damals gesagt: „Diejenigen, die das meiste aus ihrem Leben auf dem Bildschirm machen, können zu einem Geist mit mehr Selbstreflexion kommen.

Was ist davon zu halten?

Prinzipiell kann man feststellen, dass Menschen sich in unterschiedlichen Kreisen manchmal anders verhalten. Wer zu hause eine liebevoller Familienmensch ist, der mag in der Arbeit mit mehr Strenge walten (umgekehrt ist das eher weniger empfehlenswert).  Wenn dann ein Firmenessen mit Familie angesetzt wird, dann bemerkt man, wo solche Spannungen vorhanden sind. Wir probieren gerne mal etwas anderes aus, wenn es in unserem Leben „Brüche“ gibt (Firmenwechsel, Schulwechsel, etc. ).

Der Kern der Rede von Shelly Turkle ist für mich „Authentizität“.

Wer zu den Menschen gehört, die einigermaßen deckungsgleich agieren, egal ob Freunde, Kollegen, Verwandte, etc., der kann mit seinem Leben leichter umgehen. Derjenige hat sozusagen schon seine Ideal-Rolle gefunden und kann authentisch danach leben. Wer dort (noch) nicht ist, der benötigt unbedingt Zeiten der Selbstreflexion. Und dazu gehört auch, dass man wieder lernt sich zu besinnen und sich mit sich selbst zu beschäftigen. Wer mit sich im Reinen ist, der kann auch leichter mit seinem Umfeld ins Reine kommen oder im Reinen sein.

In diesem Sinne wünsche ich allen meinen Lesern ein besinnliches Osterfest …