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Ist irren menschlich?

Vor kurzem saß ich einer geselligen Runde. Wir sprachen über Quiz-Sendungen und jemand fand es witzig, dass manche im ersten Moment etwas Falsches sagen und sich dann doch noch innerhalb der vorgegebenen Zeit auf das Richtige besinnen. Da fiel mir natürlich Daniel Kahneman und sein Buch Schnelles Denken, langsames Denken ein. Ich habe der Runde gesagt, dass so etwas leicht zu verstehen ist, wie das passiert. „Wieviel ist 2 * 2?“ Die etwas leicht unterforderte Runde murmelte „Vier“. „Und wieviel ist 27 * 89?“ Jetzt kam Unruhe auf. „Das ist nicht lustig.“ „Das ist schwer.“ „Hast Du mal ’nen Taschenrechner?“ Ich erklärte kurz, dass es Aufgaben gibt, über die wir eben länger nachdenken müssen und andere, die sind leichter. „Noch ein Beispiel. Wieviele Tiere von jeder Art nahm Moses mit auf die Arche?“ Es mag dem Alkohol geschuldet sein, dass jemand sogar „Eins“ sagte. Die meisten murmelten „Zwei“ und waren nun gespannt, warum ich noch einmal so eine leichte Frage stelle. Ich hoffe, meine Blog-Leser haben erkannt, warum man über diese Frage nochmal nachdenken sollte bevor man antwortet. „Zwei“ wäre die richtige Antwort gewesen, wenn Moses jemals eine Arche gebaut hätte.

Auch im Alltagsleben passieren uns solche Geschichten. Ich wollte noch schnell eine Kiste Bier kaufen gehen. Mein Frau ruft mir zu: „Schau mal ob nicht auch ein paar Wasserkisten leer sind.“ Und so standen ich dann im Flur mit zwei leeren Wasserkisten und der Bierkiste und fragte zur Sicherheit nochmal: „Ich fahre jetzt los. Soll ich noch was anderes mitbringen?“ Kurzer Blick meiner Frau auf das Leergut: „Nein“. Als ich dann mit der Kiste Bier wiederkam, war die erste Frage meiner Frau: „Und Wasser hast Du keins gekauft?“

Annahmen, Erwartungen, Modelle, …

Unser Gehirn beginnt vom Moment des ersten Denkens damit Strukturen zu suchen und zu bilden. Wir haben nämlich nur eine begrenzte Kapazität für die bewusste Aufmerksamkeit. Die Wissenschaft geht davon aus, dass wir nur zwischen 5 bis 9 Informationen unmittelbar direkt verarbeiten können. Nehmen wir als Beispiel die Buchstabenfolge SBFBISPDTKKG. Diese zu erfassen und auswendig zu wiederholen gelingt kaum einen von uns auf Anhieb. Aber wenn wir den Inhalt für uns in bessere Pakete verpacken können, dann wird es leichter. Wie durch Zufall besteht der Buchstabensalat aus lauter Abkürzungen. SB, FBI, SPD und TKKG macht es uns deutlich leichter die Buchstaben zu behalten. (Wer die Kinderkrimiserie TKKG nicht kennt, der merkt sich eben TK und KG.) Genau das ist übrigens der Trick, wie manche Spezialisten sich lange Zahlenkolone merken können.

KartenWir haben ein Problem mit abstrakten Dingen. Wenn wir den Dingen eine Bedeutung geben könnnen, dann wird es leichter. Dazu ein Beispiel: Ich habe ein Kartenspiel in der Hand. Die Rückseite ist farbig und die Vorderseite hat Zahlen. Ich behaupte, dass gerade Zahlen auf der Rückseite rot sind. Ich gebe Ihnen vier Karten, zwei mit der Vorderseite und zwei mit der Rückseite. Drei – Acht – Rot – Braun. Wieviele und welche Karten müssen Sie umdrehen, um zu beweisen ob ich Recht habe oder lüge?

Eine vermeintlich leichte Aufgabe. Wenn man etwas unter Zeitdruck ist, dann lösen 90% der Probanden diese Aufgabe falsch. Wenn man beispielsweise die Drei umdreht, dann ist gar nichts bewiesen. Auch die rote Karte nützt nichts, denn ich behaupte nur: wenn gerade dann rot und nicht umgekehrt. Also muß man die Acht umdrehen und es muß rot sein und man muß braun umdrehen und es darf nicht gerade sein.

Die Geschichte wird für uns einfacher, wenn wir als Jugendschutz in einem Club kontrollieren sollen, ob der Wirt die Alkoholbestimmungen einhält. Wer unter 18 ist bekommt keinen Alkohol. Deshalb wird auf jeder Quittung auf der Rückseite das Alter vermerkt. Vor Ihnen liegen vier Quittungen. 21 – Bier – Cola- 17. Wieviele und welche Quittungen müssen Sie kontrollieren? Jetzt wird es sofort einfacher. Uns interessiert nicht, wer nur einen Softdrink hat und wer 18 oder älter ist, den müssen wir auch nicht kontrollieren. Weniger abstrakt, aber die gleiche Aufgabe und plötzlich wird es leichter.  Dieses Beispiel habe ich dem Buch Ich denke, also irre ich: Wie unser Gehirn uns jeden Tag täuscht von David McRaney entnommen.

Der unbewusste Eisberg

Eisberge im Wasser sind gefährlich, weil man nur etwa 1/7 oberhalb sieht – weitere 6/7 lauern unter Wasser mit einer unbekannten Ausdehnung und Form. Unser Gehirn ist noch gefährlicher, weil wir einen noch größeren Anteil unbewußt machen. Das ist eigentlich gut so, denn es macht uns effektiv. Bei unserer kleinen Bewußtseinsspanne von 5-9 Informationseinheiten geht das gar nicht anders.  Aber es macht uns auch fehleranfällig. Diese Fehler beginnt die Wissenschaft langsam zu systematisieren. Ich nehme als Beispiel für den Rest des Kapitels das „Priming“, das unterschwellige, unbewußte Bewerten, das bei uns immer mitschwingt.

In vielen Versuchen werden dabei die Probanden mit Worten beeinflusst. Müssen sie Worte bearbeiten, die mit dem „alt werden“ oder „alt sein“ zu tun haben, dann brauchen sie nachher für den Weg bis zur Abgabe des Fragebogens länger als die Vergleichsgruppe mit den neutralen Worten. Und sind die Worte aggressiver Natur, dann unterbrechen sie ein gespieltes Gespräch des Versuchsleiters schneller als die Gruppe mit den neutralen Worten. Am längsten warteten übrigens in diesem Versuch die Probanden, die vorher sanftmütige Worte sortieren mussten.

Man kann über alle fünf Sinnesorgane beeinflußt werden. So hat man Probanden gebeten eine peinliche Geschichte aus ihrem Leben in Gedanken nochmal durchzugehen. Danach wurden Sie befragt, wie sich jetzt fühlen, damit das Ereignis auch präsent bleibt. Einige schickte man danach zum Händewaschen und andere nicht. Im Anschluß daran wurden Sie gefragt, ob sie an einer weiteren Studie teilnehmen wollten. Der Doktorand habe aber kaum finanzielle Mittel und die Teilnahme ist also unentgeltlich. Die Händewascher waren weniger oft dazu bereit, als die Vergleichsgruppe sich zur Verfügung zu stellen. Der Eindruck der eigenen Taten ließ sich also durch das Händewaschen „reinwaschen“ und lies den moralischen Druck sinken.

Aber man kann das Primimg auch nutzbar machen. Denn wer solche Gefahren kennt, der kann auch Gegenstrategien entwerfen.

Mädchen und Mathe

„Mathematik in der Schule ist ein Kreativ-Fach.“ Mit diesem Satz hatte Dr. Manfred Spitzer mich mal auf einem Kongress überrascht. Aber er hat natürlich recht: Sicher muss man Formeln lernen. Aber damit hat man noch nicht die Lösung. Es braucht eine Portion Kreativität um die Aufgaben zu entschlüsseln und dann zu rechnen. Angst lähmt die Kreativität. Und wenn man schon deutlich gesagt bekommt, das Frauen kein Mathe können, dann muss man sich nicht wundern, dass dieses so eintritt. Also muss man für Mathe Mut machen, statt angstvoll zu sein.

In einem Versuch hat man asiatische Frauen in den USA zu einem Mathe-Test eingeladen. Die Idee: Frauen glauben ein Problem mit Mathe zu haben. Asiaten gelten in den USA und auch anderswo als gut in Mathe. Vor dem Mathe-Test bekamen sie einen kleinen Fragebogen. Die eine Gruppe hatte nur Fragen zum Thema Frauenbild und die andere Gruppe bekam nur Fragen zum Thema Asiaten. Und wie zu erwarten war, hatte die auf Asiaten getrimmte Gruppe ein deutlich besseres Ergebnis in dem anschliesenden Mathe-Test.

Was hilft uns das?

Ich habe diesen Versuch meiner Tochter erzählt, als sie mir mit dem Satz kam: „Ich check Mathe nicht – ich bin eben ein Mädchen“. Wenn wir uns des Priming-Effefktes bewusst werden, haben wir schon einen Teilsieg errungen. Aber einmal reicht nicht. Ich habe ihr diese Geschichte immer wieder angeboten, wenn sie Zweifel an ihrer Mathe-Fähigkeit hatte. Mittlerweile ist das der „running Gag“ bei uns. Auf das Stichwort Mathe frage ich immer: „Soll ich Dir die Geschichte von den aisatischen Frauen und Mathe nochmal erzählen?“ Und die Moral von der Geschichte? Die Mathe-Noten sind besser geworden. Warum auch immer.

Coaching ist manchmal ein etwas undankbarer Job. Kommt es zu einer Verbesserung, dann soll der Klient stolz darauf sein, dass er etwas geändert hat. Coaches, die sich damit brüsten, dass das ihr Werk sei, machen etwas falsch. Das Coaching kann und ist nur immer ein kleiner Anteil. Der Coach kann helfen neue Wege aufzuzeigen. Gehen muss Sie dann der Klient und darf dann auch stolz sein, wenn es gelingt. Die Arbeit des Coaches ist eine (manchmal unmerkliche) Begleitung um die Klippen der eigenen Denkfehler zu umschiffen. Deshalb lieber gleich den Profi nutzen, statt lange selbst zu irren.

Positive Psychologie = ewige Glückseligkeit = Esoterik???

Auf meiner Website steht es oft genug zu lesen: in meinem Coaching sind viele Elemente der „positiven Psychologie“ enthalten. Aber was ist das eigentlich? Manchmal ist es einfacher zu sagen, was es nicht ist: Es ist nicht (ausschließlich) Positives Denken.

Ein wenig Geschichte

Die Psychologie ist eine sehr junge Wissenschaft. In den Anfängen hat man vor allem auf die Probleme der Menschen im Umgang mit ihrem Geist geachtet. Hysterie war so ein Krankheitsbild. Schizophrenie und Depression sind weitere Krankheitsbilder. Aber viele Psychologen waren und sind mit den Heilungsprozessen solcher Krankheiten unzufrieden.

Martin Seligman ist ein amerikanischen Psychologe. Seine Bücher über erlernte Hilflosigkeit als eine der Grundlagen der Depression sind sehr bekannt. Er begann sehr provokante Fragen zu stellen, inbesondere als er Präsident der amerikanischen Psychologen Vereinigung (APA) wurde: Er hatte erkannt, dass man, wenn man die Depression bei einem Patienten losbringt, dann keinesfalls einen glücklichen Patienten hat. Seligman sagt selbst, das Ergebnis ist „an empty patient“ (ein leerer Patient). Er formulierte damals das Ziel, dass man in der Psychologie sich nicht nur auf das Weg-von-Krankheit fokussieren sollte, sondern auch auf das Hin-zu-Gesundheit. Im Amerikanischen ist man da schnell beim Begriff „Happiness“.

Sein erstes Buch zu dem Thema beschäftigte sich deshalb mehr mit diesem Aspekt (Martin Seligman: Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben). Aber schon dort finden sich einige interessante Forschungsergebnisse. Eines habe ich in meiner Tagesreflexions-Übung mit eingebaut. Und auch ich konnte bei meinen Klienten beobachten, wie sich durch diese einfache Übung die positive Befindlichkeit verbesserte.

Viele der Übungen, die Seligman und andere Psychologen entwickelt haben gehen in die Richtung der Achtsamkeit, der Beachtung, was schon alles da ist. In diesem Sinne verstehe ich auch mein Arbeitsmotto: Erkennen – Verstehen – Abändern. Das Gute an den meisten Übungen der positiven Psychologie ist die Tatsache, dass die Wirkung eintritt, ohne das man sich dessen bewußt wird. Sie helfen unterschwellig.

Vom Glück zum Sinn

Mittlerweile hat sich dieser etwas hedonistische Glücksucher-Aspekt verändert. Denn neben dem Glück, dass man aus seinen Lebensmomenten zieht gibt es einen weiteren Aspekt, den man am besten mit Werte-Glück umschreiben kann. Werte-Glück entsteht nicht so sehr aus den glücklichen Momenten, auf die man sich besinnt, sondern hier geht es mehr um den Sinn des Lebens. Damit baut sich hier eine Brücke zu dem von mir sehr geschätzten Psychiater Viktor Frankl, der mit seinen Lebens-Erfahrungen, die er in einem KZ („… trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager„) gesammelt und gefestigt hat, seine Logo-Therapie begründet hat, nach der  jeder, der etwas Sinnvolles anstrebt eine höhere Zufriedenheit erlebt.

Womit wir bei den Sinnfragen angekommen sind. Der Sinn des Lebens? Die Philosophen haben schon danach gesucht. Viktor Frankl hat verschiedene Straßen zum Sinn definiert. Eine davon ist, das Erleben und das Wahrnehmen des Erlebten. Als Zweites geht es um das Erschaffen von Werken. Dabei geht es um das Gefühl, etwas zu tun, das einen Wert hat. Das muß nicht die einzige Aufgabe sein. Ich entdecke mit meinen Klienten oft Teilaspekte aus deren Leben, die ausbaufähig sind und das Leben sinnvoller machen. Bei Viktor Frankl geht es auch immer um das Hinnehmen, was ist. Es gibt auf dieser Welt Dinge, die uns emotional nicht gefallen und die wir auch nicht ändern können. Viktor Frankl hat einmal sinngemäß gesagt: „Fragen Sie niemals nach dem Sinn des Lebens. Sie werden keine Antwort bekommen. Denn die Wahrheit ist eine andere: Das Leben ist es, das Sie tagtäglich neu befragt, und Sie müssen Tag für Tag darauf antworten, indem Sie Ihren Alltag bewältigen.“ (Zitiert aus: Meine zwei Regeln zum Glück)

Bei Viktor Frankl finden sich viele sehr starke Gedanken. Aber auch er kannte nur den Weg des Gesprächs, des Hinterfragens, des Humors um emotionale Blockaden zu lösen.  Die heutige Psychologie forscht da weiter. Gerade die Fähigkeit negative Ereignisse nicht übermächtig werden zu lassen, sondern gelassener in die Welt zu gehen, führt plötzlich in eine alte Tradition, nämlich die der Meditation. Es gibt dazu viele gute Bücher die ich in diesem Zusammenhang empfehlen kann:

Buddha und die Wissenschaft vom Glück: Ein tibetischer Meister zeigt, wie Meditation den Körper und das Bewusstsein verändert – Vorwort von Daniel Goleman in diesem Buch berichtet ein tibetischer Mönch über seine Erfahrungen in der westlichen Welt und gibt interessante Tipps zum Thema Meditation. Es geht dabei auch um solche immer wiederkehrenden Fragen, wie der richtigen Sitzhaltung und dem genauen Inhalt der Mediation.

Matthieu Riccard ist den anderen Weg gegangen. Glück: Mit einem Vorwort von Daniel Goleman beschreibt die Meditation und das Dasein als Mönch aus der Perspektive eines Franzosen, der sich zum Mönch gewandelt hat.

Wer es etwas bodenständiger mag: Search Inside Yourself: Das etwas andere Glücks-Coaching Auch bei Google hat man sich Gedanken gemacht, wie man die Mitarbeiter vor dem unvermeidlichen Leistungsdruck schützen kann und dabei hat der Autor das Thema Meditation als Schutzmaßnahme entdeckt und propagiert es entsprechend.

Am Ende dieses Blogs bleibt folgende Erkenntnis. Der Weg zu einem erfüllten Leben geht nicht einfach so mit Leichtigkeit zu beschreiten. Wir rennen allzuoft dem Leben hinterher, statt uns darüber zu freuen, was alles schon ist. Und Achtsamkeit auf die kleinen Dinge, die wir schon haben und unsere Fähigkeit dem Leben einen Inhalt zu geben machen den Unterschied aus. Manche erleben diese Unmittelbarkeit des Daseins durch ein Coaching bei mir. Andere gehen einen längeren Weg, in dem Sie zunächst mal sich tief in ihr Problem eingraben, bis eine Erschöpfungsdepression sie erlöst. BurnOut kann man nur frühzeitig verhindern.  Nutzen Sie dies Angebot, bevor es zu mühsam wird.

Burnout? Muss das denn sein?

Vor ein paar Wochen hatte ich die Chance als Assistent bei einem Seminar zum Thema BurnOut dabei zu sein. Und seitdem treibt mich wieder die Frage um, wie kann man BurnOut eigentlich griffig fassen? Ich orientiere mich dabei an einem Buch: Das Burnout-Syndrom: Theorie der inneren Erschöpfung von Matthias Burisch.

Der Begriff „Burnout“

Schon bei der Sinnhaftigkeit des Begriffs scheiden sich die Geister.  Wenn etwas „ausbrennt“, dann ist das ein zügiger Vorgang. („Das Auto fing Feuer und brannte aus.“). Burnout ist aber ein langer Prozess, der sich mindestens über einige Monate, oft über ein Jahr hinzieht. Im Sprachgebrauch ist auch oft unklar, ob mit Burnout ein Prozess oder ein Zustand gemeint ist („Ich hatte einen BurOut“). Eine Diagnose gibt es auch nicht, denn Burnout ist keine anerkannte Krankheit. Alle Krankheiten werden weltweit katalogisiert und beispielsweise im ICD veröffentlicht. Für die Psyche gibt es dann auch noch den DSM. Diese Klassifikation folgt erst immer den Krankheiten und wird oft auch durch ein allgemeines Meinungsbild geprägt. Im vorletzten ICD-9 gab es beispielsweise das Krankheitsbild mit der Nummer 302.0. Das zeigt einmal mehr, wie sehr Krankheiten dem Zeitgeist unterliegen und sich deshalb auch in der Definition ändern können. Ob der IDC-11 irgendwann auch die Symptomatik des BurnOuts besser spezifiziert muss man abwarten.

Burrisch hat aus den eigenen Erfahrungen mit dem Phänomen BurnOut und einem kleinen Querschnitt durch die Fachliteratur folgenden Ablauf vorgeschlagen:

  • Kategorie 1: Übereifer – es beginnt ganz harmlos, indem der Patient sich übermässig in die gestellten Aufgaben reinhängt und das nicht einmalig, sondern wiederholt.
  • Kategorie 2: Frust – Übereifrige stossen an irgendwann an ihre Grenzen – Erfolg wandelt sich in Kritik und aus Übereifer wird Frust
  • Kategorie 3: Aggression – Man hat sein bestes getan und nichts wurde anerkannt – jetzt braucht es Schuldige
  • Kategorie 4: Abbau – mit dem Frust und der Wut sinkt die eigene Kreativität, der Lebensmut
  • Kategorie 5: Verflachung – man macht sich zunehmend kleiner – zieht sich zurück von Familie und Freunde
  • Kategorie 6: Psychomsomatische Krankheiten kommen dazu – die Psyche erreicht den Körper
  • Kategorie 7: Verzweifelung – hier wird dann oft die Erschöpfungsdepression diagnostiziert und die steht nun wieder im ICD und ist abrechenbar

Man sieht also, dass erst der völlige Zusammenbruch einen Mediziner auf den Plan ruft. Vorher kann man natürlich auch wegen der oftmals auftretenden psychosomatischen Erkrankungen eine Krankschreibung vornehmen. Aber bis zu einer Erschöpfungsdepression sollte es im Idealfall nicht kommen.

aus: Apotheken-Umschau 11/2012

In der aktuellen Apotheken-Umschau gibt es ebenfalls einen interessanten Bericht zum Thema BurnOut. Dort wird der Verlauf in den BurnOut in 12 Stadien geschildert. Mir gefällt an dieser Einteilung. Sie nimmt Bezug auf eine sehr gute Zusammenfassung. Besonders der grüne Bereich ist natürlich etwas, was man als Unternehmer nicht unbedingt als BurnOut-Warnsignal ansehen möchte: Sich ständig beweisen zu wollen ist etwas, dass man auch als gesunden Ehrgeiz bezeichnen kann.

Wir brauchen eine gewisse Herausforderung. Der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi hat den Flow zwischen Unterforderung und Überforderung entlang unserer Fähigkeiten beschrieben. Dabei stehen Anforderung und Fähigkeit im ausgewogenen Verhältnis, so dass keine Langeweile oder Überforderung entsteht und wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität. Hier wäre ein „Keep the fire burning“ als Motto angebracht.

Die Psychologie kennt vier Grundbedürfnisse, die diesen Kreislauf in Gang halten (u.a. auch in Grawe: Neuropsychotherapie). Dazu gehören:

  • Bindung (im Unternehmens-Jargon: Loyalität des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern und umgekehrt) – hier spielt der Vorgesetzte und das Klima in der Abteilung eine wichtige Rolle (für Unternehmer: so etwas kann man über eine gelebte Firmenkultur steuern)
  • Selbstwert – das ist eigentlich ein Innenwert eines jeden Menschen – der kann aber nachhaltig durch Externes gestört werden; durch Vorgesetzte, aber auch durch Arbeitsabläufe (wenn die Arbeit nicht mehr zu bewältigen ist)
  • Selbstwirksamkeit – wir wollen, dass unsere Arbeit anerkannt wird. Gecancelte Termine oder ganze Projekte, auf die man angewiesen ist, stellen das in Frage
  • Lust an der Arbeit – wenn die Arbeit Spaß macht, dann geht sie einfache leichter, man ist kreativer und das zahlt sich in Summe aus

Wir haben kaum eine Chance in den BurnOut zu kommen, wenn diese vier Faktoren für die Arbeit und auch für das  gesamte Leben gelten. Wir schaffen etwas, haben Erfolg, das wird anerkannt und schon macht die Arbeit in diesem Umfeld Spaß. Aber so kann es nicht immer sein. Kein Vorgesetzter kann es allen Mitarbeitern immer recht machen. Keine Firmenkultur kann für immer eine konfliktfreie Atmosphäre herstellen. Umgekehrt gilt für den Mitarbeiter die Macht der Gewohnheit. Wenn etwas läuft, dann ändern wir am besten nichts und wenn es nicht mehr 100% so läuft, dann versuchen wir eher den alten Zustand wieder herzustellen.

Änderungen passieren ständig. Es ändert sich das Umfeld und auch der Mensch selbst und das manchmal eher unscheinbar und unmerklich oder man unterschätzt Veränderungen in seiner Auswirkung. Im Modell ist das dann Stadium 5 und 6: man beginnt die Dinge umzudeuten und verleugnet die auftretende Probleme. In meinem Modellbild kommt es zu Verwirrung, weil die Dinge nicht mehr so sind wie man es erwartet hätte, zu Frust, weil man die Veränderung nicht mag, zu einer Externalisierung von Schuld (die Anderen, der Boss, die neue Leitung, der Kunde, die wirtschaftliche Entwicklung, die Regierung, etc.).

Hier erweitert sich der Kreis der Betroffenen/Beteiligten (die Personalabteilung wird eingeschaltet und oft auch die Arbeitnehmervertretung). Jetzt ist Verhandlungsgeschick gefragt. Deshalb ist hier Mediation eine gute Wahl der Personalabteilung und des Betriebsrats. Kommt es zur Klärung, so kann der Mitarbeiter wieder Hoffnung schöpfen und mit neuer Energie ans Werk gehen. Aber das ist natürlich keine Lösung, die den Mitarbeiter vor BurnOut schützt. Und verfehlt die Mediation ihre Wirkung, dann beginnt der Abstieg in die Verflachung (Dienst nach Vorschrift, Einschränkung der Sozialkontakte) und spätesten jetzt zeigen sich psychosomatische Beschwerden als hartnäckig (Herz-, Magen-, Darm-, Rückenprobleme, Kopfschmerzen, etc.). Von dort ist es nicht mehr weit bis zur Verzweifelung und damit zu einer klinischen Depression).

Mediation – ist das alles?

In der aktuellen Apotheken-Umschau wird in dem Bericht vor allem auf eine Störung der Eigenwahrnehmung im BurnOut-Prozeß hingewiesen. Das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Menschen, die in so einem BurnOut-Prozess stecken, erleben Verletzungen der vier Grundbedürfnisse sehr intensiv.

  • Selbstwirksamkeit: Da wird jemanden das Projekt entzogen oder neue Kunden zugeteilt und die gepflegten Kundenbeziehungen an jemand anders übergeben oder die Wirtschaft spielt nicht mit und der beste Kunde kann nun keine weiteren Aufträge vergeben
  • Bindung: Jahrelang hat man sich für die Firma geopfert und nun kommt dieser neue Chef und alles geht den Bach runter. Das ist nicht mehr meine Firma.
  • Selbstwert: Jetzt hat mich die Firma so kaputt gemacht, jetzt bekomme ich gar nichts mehr richtig hin
  • Und das dieser Job natürlich keinen Spaß mehr macht ist bei diesen Beispielen, die ich hier gerade aus meiner Praxis beschrieben habe schon nicht mehr erwähnenswert.

Jetzt ist es für den Betroffenen extrem wichtig, dass er wieder zu seinen eigenen Werten und Lebensinhalten findet. Aber das kann man in der Mediation in einem Personalgespräch nur schwer erreichen. Gerade wenn die Eskalation schon die Personalabteilung und den Betriebsrat auf den Plan gerufen haben. Dann sind die Fronten verhärtet. Hier ist dringend eine Unterstützung für den Betroffenen geboten um ein weiteres Abdriften in den BurnOut-Prozess zu verhindern. Das gebietet schon die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Perspektiv-Coaching

Was der Betroffene jetzt braucht ist ein umfassendes Verständnis seiner Gesamtsituation. Daraus kann er dann neue Handlungsalternativen entwickeln. Dazu muss er aber aus der Stress-Situation rauskommen können. Und genau hier setzt mein Perspektiv-Coaching an. Es geht nicht darum die aktuelle Situation im Unternehmen noch einmal aufzuarbeiten – das kann man im Coaching auch machen, um beispielsweise neue Verhaltensmuster im Umgang mit dem Vorgesetzten zu erarbeiten und zu verfestigen. Für mich ist das der zweite Schritt. Der erste geht über eine sorgfältige Analyse der Gesamtsituation des Klienten. Das hört sich nach viel Arbeit und viele Stunden an. Tatsächlich kann man aber ein erstes Bild seiner Gesamtsituation in zwei Sitzungen erreichen. Das ist keine Magie, sondern beruht auf meiner Erfahrung und meinem „handwerklichen“ Können als Coach.
Neugierig geworden? Dann melden Sie sich doch mal unverbindlich bei mir.

Übrigens: Einige Arbeitgeber finanzieren das Coaching für den Mitarbeiter. Fragen Sie doch mal in der Personalabteilung nach. Und wenn nicht, dann freue ich mich auch hier auf jeden Kontakt.