Wer hilft, dem wird geholfen

Eigentlich wollte ich zwischen den Jahren keinen Blog schreiben. Aber dann ist mir der aktuelle SPIEGEL der Weihnachtswoche (51/2010) und der Artikel auf der Seite 126 dazwischen gekommen. Da geht es um die neusten Erkenntnisse der Soziobiologie. Dabei geht es in dem Artikel um menschliches Verhalten, bei dem aus evolutionshistorischer Sicht keine (gute) Erklärung gibt (oder gab).

Ist der Mensch ein geborener Altruist?

Mutter Theresa macht den Forschern einfach nur Probleme. Wenn die Evolution eigentlich nur “Nahrung und Paarung” als (bisher von Wissenschaften) anerkannte Mechanismen zulässt, warum kümmern sich mancher Menschen aufopferungsvoll um Andere ohne eine direkten Nutzen daraus zu ziehen? Der SPIEGEL-Artikel kommt zu einem einfachen Schluss: Altruismus ist ein Form der Kooperation und diese Kooperation hat sich als hilfreicher Mechanismus zum Überleben in und mit der Gruppe gezeigt. Wir machen gleichsam nur deshalb etwas für Andere, weil wir anderweitig aus der Gruppe etwas zurückbekommen.

Damit liegt der Artikel nahe an dem Buch von Richard David Precht Die Kunst, kein Egoist zu sein: Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält, den ich in meinem letzten Blog schon besprochen habe. Precht geht dabei einfach von einem angeborenen Hang zur Kooperation aus. Der SPIEGEL-Artikel zitiert Martin Nowak von der Harvard Universitiy, der davon überzeugt ist, “dass Selbstlosigkeit eine Art Statussymbol darstellt …” (Zitat aus SPIEGEL). Als Beleg müssen Spender her, die Ihre Spende gerne mit ihrem Namen zieren, wie beispielsweise die “Melinda und Bill Gate Foundation”.

Soweit, so schlecht. Aber ist das ein gutes Erklärungsmodell?

Warum handeln wir Menschen so wie wir handeln?

Schon in meinem letzten Blog habe ich versucht zu erläutern, dass unser menschliches Handeln zwischen verschiedenen Polen angesiedelt ist.

Amygdala – das ist unsere Zentrale für die schnelle Reaktion bei einer angenommen Bedrohung. Egal ob wir etwas hören, sehen, riechen, schmecken oder fühlen, immer hat die Amygdala als erste davon Kenntnis (etwa 200-300 Millisekunden nachdem unsere Sinnesorgane das beunruhigende Signal erfasst haben). Und dann wird sofort reagiert bevor andere Bereiche des Gehirns noch ihren Senf dazu geben können. Dieser Mechanismus soll vor allem unserem Überleben dienen – er wirkt aber immer mit und nimmt uns manchmal im Gespräch die Chance einer guten Diskussion (vgl. mein Blog: Diskussion und Talkabende).

Nucleus accumbens – das Belohnungszentrum ist ein gigantischer “Gefällt Mir” Button. Wenn irgendetwas besser ist als wir es erwarten, dann gefällt uns das und der Nucleus Accumbens schickt Botenstoffe aus, die unsere Stimmung anheben, das gilt für den Flow, den ich schon in einem Blog besprochen habe und es gilt genauso als der Mechanismus für die Sucht.

Präfrontaler Cortex (PFC) – während die beiden ersten Vertreter ihr Geschäft eher im unterbewussten verrichten ist der PFC das, was man gemeinhin unter dem Bewusstsein versteht. Hier werden (zum Teil erst nachträglich) Begründungen für unser Handeln gefunden.

Natürlich gibt es über das Gehirn noch viel mehr zu wissen, aber für die Gedanken zum Altruismus reichen diese drei Vertreter aus, denn sie bestimmen unser Handeln maßgeblich. Wir handeln oft entlang dem Faden, den unser Belohnungszentrum aufspannt, solange die Spaßbremse Amygdala nicht einschreitet. Erst wenn die eigene Bewertung und die der Anderen hinzukommt ist der PFC gefragt. Die Bewertung unseres Handelns macht aus einer Handlung Altruismus. Bill Gates mag genauso motiviert Software geschrieben und verkauft haben wie Mutter Theresa motiviert war in Kalkutta arme Kinder zu unterstützen. Erst unsere Bewertung beurteilt diese Handlungen anders.

Wenn ich diesen Artikel schreibe, so habe ich zunächst einmal ein gutes Gefühl, etwas mitteilen zu können, was ich aus den unterschiedlichen Büchern gelernt und als Wissen extrahiert habe. Die Chance es Anderen zur Verfügung zu stellen ist eher ein Antrieb für ein Mehr an Qualität. Wenn Andere diesen Blog später wieder gut finden, dann erhöht das nachträglich nicht meine Motivation sondern fließt eher in die folgenden Blogs wieder mit ein. Aber mein primärer Antrieb für den Blog war nicht primär die Anerkennung, sondern ein diffuses Mitteilungsbedürfnis zu Themen der Zeit rund um das Gehirn.

Die Menschen tun also nicht etwas Gutes, weil sie etwas Gutes tun wollen – sie tun es aber auch nicht, weil sie erwarten, dass sie dafür anderweitig belohnt werden. Menschen tun etwas, weil es ihrem inneren Antrieb entspricht – erst die Bewertung der Anderen macht daraus ein Altruismus (der für kommende gleiche Handlungen motiviert.) Das Geben und Bekommen ist sozusagen ein Automatismus, der durch das Handeln des Einzelnen entsteht, indem das was er macht für Andere wieder von Nutzen ist. Wir geben also weil wir etwas geben wollen. Wenn wir etwas zurückbekommen, dann ist umso besser.

Literatur: Der SPIEGEL 51/2010 (Artikel nicht online)
Richard David Precht: Die Kunst, kein Egoist zu sein: Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält bei Amazon (erschienen 2010)

 

In eigener Sache: Dieser Artikel wurde mit dem Windows Live Writer erstellt und nicht mehr mit BlogDesk – ich hoffe, die Änderungen im Design sind okay.
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